rolf decker
2005-02-10 15:01:48 UTC
Die deutsche Seele ist besetztes Gebiet"
David Irving im Gespräch über Dresden, Churchill und die umerzogenen
Deutschen (Januar 2005.)
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DER britische Historiker David Irving begann seine publizistische
Karriere mit einer Monographie über die Vernichtung Dresdens im Februar
1945. Seither publizierte er eine Vielzahl zeithistorischer Werke,
darunter zahlreiche Biographien. Seine fulminante Hitler-Darstellung,
die auf profunder Quellenkenntnis beruht, gilt unter seriösen
Historikern immer noch als epochales Werk. Derzeit arbeitet Irving
unter anderem an einer Himmler-Biographie. Ein DS-Redaktionsteam
besuchte ihn im Januar in seiner Londoner Wohnung und sprach mit ihm
über den Terrorangriff auf Dresden, über den allierten Luftkrieg und
die umerzogenen Deutschen.
DS: Herr Irving, Sie gelten nicht nur als einer der profundesten Kenner
der deutschen Zeitgeschichte überhaupt, sondern insbesondere auch der
Ereignisse im Zusammenhang mit den alliierten Vernichtungsangriffen auf
Dresden, die sich heuer zum sechzigsten mal jähren. Wie kam es denn
überhaupt zu diesem Angriff, der militärisch ja völlig sinnlos war? Wer
trug die Verantwortung dafür?
Irving: Nun, das war sozusagen eine Leerstelle auf der Liste. Man hatte,
sagte mir Luftmarschall Harris, eine Liste aufgestellt, und irgendwann
würde Dresden an der Reihe sein müssen. Das konnte aber nicht früher
sein, weil Dresden bis dahin außerhalb der Reichweite unserer
Funk-Leitstrahlen lag. Es mußte erst ein neues Leitstrahl-System
eingeführt werden, das LORAN hieß, und sobald es gelungen war, dieses
LORAN-System in Frankreich aufzustellen, konnte man den Angriff gegen
Dresden fliegen, da hatte man diese Reichweite.
An sich hatte Dresden überhaupt keine militärische Bedeutung, aber man
mußte das tun. Den Bomberbesatzungen wurde bei den Flugeinweisungen am
Abend zuvor gesagt, Dresden würde angegriffen, um den Russen einen
Denkzettel zu verpassen. Die Russen sollten merken, wie stark unsere
Luftwaffe war. Das war der wesentlichste Grund; die Russen sollten
einen Denkzettel bekommen.
DS: Was wußte man denn zum Zeitpunkt des Angriffes, im Februar 1945, auf
britischer Seite über die deutsche Abwehr und insbesondere über die
deutsche Luftwaffe?
Irving: Über die Luftwaffe wußte man sehr viel, und zwar aus
verschiedenen Gründen. Man konnte seit 1940 die meisten operativen
Funksprüche der Luftwaffe entziffern -- mit dem Ergebnis zum Beispiel,
daß Winston Churchill in der zweiten Hälfte des Jahres 1940 in etwa 80
Prozent der Fälle genau gewußt hat, welcher Teil Großbritanniens von
den Deutschen angegriffen werden würde; das wußte man aus den
Funksprüchen, das wußte man auch anhand der verschiedenen
Funkleitstrahl-Verfahren -- eines hieß “Knickebein", andere waren die
X- und Y-Geräte --, und man konnte auf englischer Seite den
Funkleitstrahlen nachgehen und sehen, wo, über welcher Stadt sie sich
kreuzten. Aber wir haben auch aus der Entzifferung der deutschen
Funksprüche die Angriffsziele vorher erfahren.
Es gab auch deutsche Verräter wie den Grafen B., der mit einem deutschen
Flugzeug auf englischem Boden landete. Er war deshalb nach dem Krieg
bei der NATO sehr beliebt. Das war eindeutig ein Verräter, der ein
hochwertiges deutsches Jagdflugzeug nach England brachte. So jemanden
kann man nur als Verräter bezeichnen.
Wir hatten auch sehr gute Spezialisten, die alles beobachteten, zum
Beispiel den Funk-Horchdienst. Sehr interessant speziell bei den
Luftangriffen auf Dresden waren die Funk-Gegenmaßnahmen, die auf
englischer Seite angewandt wurden, um zu verhindern, daß die Deutschen
überhaupt eine effektive Luftabwehr aufbauen konnten.
DS: Ein häufig gehörter Einwand besagt, die Deutschen hätten durch die
“Entfesselung" des Zweiten Weltkrieges die Vernichtungsangriffe auf
deutsche Städte selbst verschuldet. Ist diese Auffassung haltbar? Läßt
sich der Angriff auf Dresden wirklich mit den deutschen Angriffen auf
Warschau, Rotterdam oder zum Beispiel auch auf Coventry vergleichen?
Irving: Schon wenn man die Zahlen vergleicht, sieht man, wie absurd das
ist. Der deutsche Luftangriff auf Guernica in Spanien im April 1937 hat
90 Menschen das Leben gekostet. Man faselt heute von Hunderten, von
Tausenden sogar. Ich bin zu den Krankenhäusern, den Friedhöfen in
Guernica gegangen und habe in damaligen Zeitungen gelesen. Und da sieht
man, daß weniger als 95 Menschen bei dem deutschen Luftangriff ums
Leben kamen, die meisten davon bei einem einzigen Vorgang, wo eine
Bombe auf eine Irrenanstalt fiel. Die Verluste an diesem Tag waren so
gering, daß die Rotspanier am Tag darauf eine Liste der Verwundeten in
den Zeitungen veröffentlichten. Daran sieht man, wie wenige Menschen
hier gestorben sind.
Bei dem Luftangriff auf Rotterdam -- das war ein taktischer Luftangriff
auf die Artilleriestellungen am 14. Mai 1940 -- ist ein Margarinelager,
ein Öllager in Brand geraten, und das hat dann einen erheblichen Teil
der Stadt in Brand gesetzt. Etwa 900 Menschen sind dabei ums Leben
gekommen, wie mir die Stadt selbst bestätigte -- was Churchill nicht
hinderte, in seinen Memoiren von 30.000 Toten bei dem Luftangriff zu
schreiben. Im übrigen haben wir Engländer in den nachfolgenden Jahren
in Rotterdam viel mehr Menschen durch Luftangriffe getötet als die
Deutschen.
Wiederum etwas ganz Anderes war der Luftangriff auf Warschau im
September 1939, das war so, wie es die Amerikaner unlängst in Falludja
gemacht haben. Die Deutschen hatten damals die Stadt Warschau zur
Kapitulation aufgefordert und der Bevölkerung Gelegenheit gegeben, sich
auf vorher bezeichneten Straßen zu retten. Der polnische Kommandant von
Warschau hat die Bevölkerung aber aufgefordert, in der Stadt zu
bleiben. Es begann dann ein Artilleriebeschuß und auch ein
Luftwaffenbombardement, das zu erheblichem Sachschaden führte. Ich weiß
nicht, wie viele Menschen dabei ums Leben gekommen sind.
Viel wesentlicher war meines Erachtens der deutsche Luftangriff auf
Belgrad im April 1941. Dabei sollen etwa 17.000 Menschen ums Leben
gekommen sein, das steht in einem zeitgenössischen Dokument, ich weiß
aber nicht, wie authentisch diese Darstellung ist.
Angeblich hat der Luftkrieg gegen die Hauptstädte im Sommer 1940
angefangen. Ein ganzes Jahr lang ist nämlich in London keine einzige
Bombe gefallen. Hitler hatte ein Verbot ausgesprochen, London zu
bombardieren. Er hatte die Bombardierung von englischen
Luftwaffenstützpunkten und Hafenanlagen erlaubt, aber auf London
durften keine Bomben abgeworfen werden. Etwa am 24. August 1940, ein
Jahr nach Kriegsbeginn, ist eine einzige deutsche Bombe auf eine Straße
am östlichen Ende von London gefallen. Ein Flugzeug hatte sich verirrt,
es war angewiesen worden, eine Öltankanlage anzugreifen. Kein Mensch
ist dabei getötet worden, niemand kam zu Schaden.
Doch Churchill hat, als er am nächsten Morgen um neun Uhr davon erfuhr,
persönlich das Bomber Command im Hauptquartier in High Wycombe westlich
von London angerufen und die Anweisung gegeben, sofort mit 100
Flugzeugen Berlin anzugreifen. Er sah, daß das die einzige Möglichkeit
sein würde, den Krieg in seinem Sinne zu verlängern. Es war nämlich in
diesem Sommer eine Friedensbewegung in England ausgebrochen, auch in
seinem eigenen Kabinett. Churchill sah, daß hier eine Möglichkeit
gegeben war, diese Friedensbewegung zum Schweigen zu bringen, indem man
einen Luftkrieg anfing. Außerdem konnte man so den Amerikanern die
Schrecklichkeit der Deutschen unter die Nase halten. Und: man konnte
den Druck der deutschen Luftangriffe von den englischen Fliegerhorsten
und Radaranlagen im Süden Englands ab- und auf die Hauptstadt umlenken.
Das war seine Absicht.
Viermal haben wir dann Berlin angegriffen, zwischen dem 25. August und
4. September 1940, viermal hat sich Hitler geweigert, auf diese
Angriffe zu antworten. Als Churchill dann zum vierten Mal Berlin
angreifen ließ, hat Hitler am 4. September 1940 seine berühmte
Ansprache im Sportpalast gehalten, in der er sagte: “Wir werden ihre
Städte ausradieren" und so weiter. Churchill hat darauf sofort den
Befehl gegeben, am gleichen Abend die Stadtmitte Berlins noch einmal
anzugreifen. Am 6. September erschien dann die deutsche Luftwaffe über
London, an einem Samstagnachmittag -- kein Nachtangriff, sondern ein
Tagangriff. Damit war der Luftkrieg eröffnet. Es war eindeutig der
Wunsch Churchills, daß es so passierte.
DS: Welche Rolle spielte denn bei der britischen Luftkriegführung das
Bomber Command? War Churchills Kurs der Kriegführung bei der
Luftwaffenführung umstritten? Gab es in Großbritannien überhaupt einen
dem deutschen vergleichbaren militärischen Widerstand, der bei uns
schließlich in den 20. Juli mündete?
Irving: Es gab im Sommer 1940 einen Widerstand gegen Churchill. Es
stellte sich erst nach und nach heraus, daß dahinter die spätere
Königinmutter steckte, damals Queen Elizabeth; sie hat Churchill
gehaßt. Sie hat mit verschiedenen Admiralen konspiriert. Das war auch
mit ein Grund, warum Churchill den Luftkrieg provozierte. Es gab damals
diese Strömung.
DS: Noch einmal zurück zum Angriff auf Dresden: ist es denn richtig, daß
zwischen den zwei Angriffswellen absichtlich zwei Stunden Zeit gelassen
wurde, damit beim zweiten Angriff auch die Lösch- und Sanitätseinheiten
getroffen werden konnten?
Irving: Das ist absolut richtig, das hat Bomber Harris mir gegenüber
persönlich bestätigt, als ich ihn am 23. März 1962 besuchte. Er hat mir
bestätigt, daß das reine Taktik war -- wie das ja auch die irischen
Terroristen bei uns in England machten, die immer zwei Bomben legten,
zuerst eine kleine Bombe, darauf kamen dann Feuerwehr und Rettungsleute,
und dann ging die große Bombe los.
DS: Man hält den Deutschen in der offiziellen Geschichtsdarstellung oft
den “industrialisierten Massenmord" -- an den europäischen Juden --
vor. Aber gab es nicht bei der britischen Luftwaffenführung noch viel
präzisere Überlegungen, mit welchen technischen Mitteln wie viele
Deutsche am effizientesten zu töten seien? Ich denke da zum Beispiel an
Figuren wie den Rüstungsexperten Lindemann, den späteren Lord Cherwell
(rechts). Haben wir es da nicht auch mit einem “singulären" Verbrechen
zu tun?
Irving: Genau so habe ich das in meinem Dresden-Buch beschrieben. Man
hat zum Beispiel genau ausgeklügelt, wie man am besten eine deutsche
Altstadt zum Brennen bringen konnte. Man warf zuerst eine Menge
“Wohnblock-Knacker" ab, das waren 4000-, später sogar 8000-Pfund-Bomben,
die zerbrachen die Fenster und rissen die Dächer herunter. Dann warf
man die Brandbomben ab, die die Gardinen und alles andere in Brand
setzten. Man hat mit Absicht die deutschen Altstädte angegriffen, denn
die brannten am besten, und es gab, wie gesagt, diese raffinierten
Maßnahmen mit den zwei Stunden zwischen den Angriffen. Das war alles
Absicht.
Ich habe Harris später danach befragt -- und es gab damals bereits die
Kontroverse, ob es nicht viel besser gewesen wäre, Auschwitz zu
bombardieren --, und er hat mir ganz burschikos geantwortet: “Herr
Irving, was für ein Irrtum, ich hätte ganz genau gewußt, wie ich lieber
sterben würde, ob an Zyankali oder an Brandbomben." Also er wußte ganz
genau, was schmerzhafter war.
Dabei muß ich sagen, er war durchaus ein großer Befehlshaber; sein
Denkmal hier an der Fleet Street, das hat er durchaus verdient. Er war
ein Könner wie unser Feldmarschall Montgomery oder Großadmiral Karl
Dönitz. Es kann nicht einfach gewesen sein. Er hatte eine 50.000 Mann
starke Streitmacht unter seinem Kommando, davon sind 30.000 Mann ums
Leben gekommen. Er hätte jeden Abend den Krieg verlieren können. Er
sagte mir: “Ich hätte jeden Abend einen Schlag führen können, der mit
einer Katastrophe endet." Aber er hat das durchgehalten bis zum Ende,
auch wenn er nicht immer einverstanden mit dem war, was er tun mußte.
Einer seiner Offiziere im Hauptquartier im Westen Londons sagte mir
einmal, wie Harris mit seinem Wagen an einem Kreisverkehr nicht
weiterkonnte und stehenbleiben mußte. Da kam ein Bobby, hielt ihn auf
und sagte ihm: “Sie wissen, Sie hätten einen Menschen töten können,
wenn Sie weitergefahren wären." Harris antwortete: “Mann, ich töte
Tausende jeden Abend."
DS: Herr Irving, Sie haben auch eine fundierte Biographie über den
britischen Kriegspremier Winston Churchill geschrieben. Würden Sie aus
Ihrer heutigen Kenntnis der Dinge heraus Churchill als einen
Kriegsverbrecher bezeichnen?
Irving: Nach den heutigen Maßstäben ist Churchill zweifellos ein
Kriegsverbrecher. Inzwischen ist klar festgelegt, daß solche
Luftangriffe, wie sie 1945 gegen Dresden geführt wurden, eindeutig ein
Kriegsverbrechen sind. Schon aus Gründen der Proportionalität: man darf
nicht einfach eine Stadt mit hunderttausend Menschen auslöschen, um
eine Zigarettenfabrik oder eine Fabrik Glashütte auszulöschen. Das darf
man nicht.
DS: Nach allen Unterlagen, die Sie im Laufe der Jahrzehnte auswerten
konnten und die Sie kennen: wie hoch schätzen Sie die Zahl der Opfer
vom 13. Februar 1945 -- gerade auch, wenn man berücksichtigt, daß sich
viele Flüchtlinge aus dem Osten zu diesem Zeitpunkt in der Stadt
aufhielten?
Irving: Das ist leider stark politisiert, diese Zahlenklauberei. Aus
irgendwelchen Gründen, die mir nicht ganz klar sind, hat sich die DDR
immer auf die Zahl von 35.000 Toten festgelegt. Das ist mehr, als in
dem Polizeibericht steht, aber es ist weniger, als damals von den
Fachleuten gesagt wurde. Es gab einen Arzt in Dresden, einen leitenden
Arzt, der auch in den sechziger Jahren noch in Dresden wohnte. Ich habe
mit ihm korrespondiert, und er hat mir einen Brief geschrieben, in dem
er sagte: die Zahl der Toten ist 145.000. General Klaus Mehnert, der
Stadtkommandant von Dresden, sprach diesem Mann gegenüber von einer
Zahl von 140.000.
Als ich das Buch schrieb, meldete sich bei mir ein Oberstudienrat aus
Hannover namens Hanns Voigt, der Leiter der Vermißten-Nachweiszentrale
war, Leiter der Abteilung “Tote". Er schilderte mir genau, wie man
diese furchtbare Aufgabe ausführte. Er sagte: wir hatten zum Schluß
etliche Eimer voller Trauringe, die wir alle an die Reichsbank in
Frankfurt abgegeben haben (man weiß, was man später mit diesen Eimern
von Trauringen anfing und behauptete!). Er sagte mir, seine Schätzung
liege bei 135.000. Diese Zahl habe ich auch in meinem Buch erwähnt.
Nachdem das Buch dann 1963 erschien, hat mir das Bundesarchiv im
Frühjahr 1966 zufällig gleichzeitig mit dem Zentralarchiv in Dresden
eine andere Zahl genannt. Man hatte inzwischen den polizeilichen
Erfahrungsbericht gefunden. Der Mann, der damals Leiter der
SS-Polizeiführung in Dresden war, hatte am 10. März einen Bericht
zusammengestellt -- nach dem Stand vom 2. März, also zwei Wochen nach
dem Angriff -- und gibt darin verschiedene Zahlen an: 17.000 hier,
10.000 auf dem Altmarkt verbrannt usw. Nach diesen Schätzungen durfte
man von etwa 25.000 Toten und etwa 35.000 Vermißten ausgehen, da käme
man auf rund 60.000.
Das Ganze ist nicht so einfach, wie die “Puristen" unter den
Wissenschaftlern immer behaupten: “Herr Irving, da haben Sie es doch!"
Nein, da haben wir es nicht. Es gab Leichen, es gab Keller, da gab es
nur noch einen Brei, oder Schichten von Asche. Wie hätte man da
feststellen sollen, wie viele Leute dort verbrannt sind?
Außerdem gab es unzählige Flüchtlinge in der Stadt, eine halbe Million
Flüchtlinge. Ganze Familien kamen ums Leben, die kein Zuhause hatten,
keinen Luftschutzkeller. Wenn eine ganze Familie ums Leben kommt, dann
gibt es niemanden, der sie als vermißt meldet.
Oder man geht das Ganze wie in Hamburg an, wo man weiß, wie viele
Wohnungen es gab und wieviele Menschen auf jede Wohnung kamen. Auch auf
diese Weise kann man Berechnungen anstellen.
Ein sehr gutes Werk ist jetzt von der Stadt Dresden veröffentlicht
worden, da ist von Nebenerscheinungen die Rede, anhand derer man
Berechnungen anstellen kann. Auf dem Heidefriedhof zum Beispiel war ein
Bergungskommando. Die Berichte dieser Leute erwähnen Mitte April 1945
zum Beispiel: “wir haben hier 300 Zentner Altkleidung." Man hat den
Leichen die Kleidung abgenommen. Und sie hatten dort fünf Tonnen
Schuhwerk, Berge von Schuhen (woran erinnert man sich dabei?); man
hatte Berge von Brillen. Man hat die Altkleidung den Leichen abgenommen,
sortiert und gesäubert und dann an die Gefangenenlager weitergegeben.
Aber diese 15.000 Kilo Kleider sind natürlich nicht von allen Leichen.
Man sieht die Fotos vom Altmarkt: die Leichen, die dort auf den
Scheiterhaufen zu 500 aufgestapelt sind, die sind nicht entkleidet.
Auch die Leute, die auf den Straßen zerstückelt oder verbrannt waren,
deren Kleidung wurde ebenfalls nicht abgenommen. Nur von den “sauberen"
Leichen konnte man die Kleidung abnehmen. Auch das ist so eine
Nebenrechnung, bei der man dann wieder auf eine andere Zahl kommt. Im
Ergebnis waren es bestimmt mehr als 60.000, vielleicht um die 100.000,
vielleicht sogar 135.000. Genauer kann man nicht sein.
DS: Nun ist der Angriff auf Dresden auch ein Kapitel bundesdeutscher
“Geschichtspolitik"; während einerseits deutsche Untaten in der
offiziellen Darstellung mit zunehmender Entfernung von den Ereignissen
immer größer werden, werden deutsche Opfer nach Möglichkeit
minimalisiert. Sehen Sie aus der Perspektive des Auslands, daß sich an
diesem Nationalmasochismus der bundesdeutschen Geschichtspolitik in den
Jahren seit der Wiedervereinigung etwas geändert hat?
Irving: Nein, es läuft immer noch in die falsche Richtung. Als ich im
Februar 1990 zum letzten Mal in Dresden war, da war Dresden noch nicht
politisch korrekt. Die Wiedervereinigung war gerade im Gange, es war
immer noch DDR, aber man durfte plötzlich frei reden. Am 13. Februar,
am Abend des Luftangriffes, war ich in Dresden, es war sehr feierlich,
Leute kamen mit Kerzen -- so etwas hat man in Westdeutschland nie
gemacht an den Jahrestagen der großen Luftangriffe. Den Westdeutschen
war das unheimlich. In den darauffolgenden Jahren verstärkten sich dann
die Bemühungen, daß diese Art des Gedenkens einzustellen sei.
Diese ganze Zahlenklauberei geht in die gleiche Richtung. Man möchte die
richtigen Zahlen nicht nennen. Man möchte keine “Endsumme" nennen.
Genauso, wie die Endsumme “sechs Millionen" immer die gleiche bleibt,
so liegt die Zahl der Luftkriegstoten in Deutschland immer bei
“ungefähr einer halbe Million". Man weiß nicht genau, ob damit nur
Deutschland gemeint ist oder Deutschland einschließlich der besetzten
Gebiete -- aber immer bleibt es bei ungefähr einer halben Million.
Wenn man das aber auseinanderzieht: Dresden um die 100.000, Hamburg um
die 40.000, in Pforzheim 27.000, in Darmstadt 15.000, dann sieht man:
diese halbe Million kann unmöglich die richtige Zahl sein. Doch das ist
Politik, man treibt damit Politik.
DS: Noch eine Frage zum Thema “Geschichtspolitik" in Deutschland: für
erhebliche Diskussionen hat in der Bundesrepublik im Herbst 2004 der
Film “Der Untergang" (rechts) gesorgt, der die letzten Tage Hitlers im
Bunker der Berliner Reichskanzlei thematisiert. Was sind aus Ihrer
Kenntnis heraus Punkte, wo Sie sagen würden: nein, so war das nicht,
das war anders?
Irving: Wenn man mein Werk “Hitlers Krieg" lesen würde, würde man
feststellen, daß dieser Film aus meinem Buch hätte entstehen können.
Ich stützte mein Buch sehr weitgehend auf die engste Umgebung Adolf
Hitlers -- so zum Beispiel auf die vier Sekretärinnen, die ihm bis
zuletzt dienten und die mich sehr unterstützten mit ihren
Niederschriften, ihren Tagebüchern. Man bekommt dann ein ganz anderes
Bild.
Es ist für viele Deutsche sicherlich ganz erstaunlich, zu sehen, daß es
effektiv zwei Hitlers gegeben haben muß -- es gibt den Hitler aus
Hollywood, und es gibt den Hitler, so wie ihn die Leute gekannt haben,
die um ihn waren. Das war aber das allererste, was mich an dem Mann
interessiert hat. Ich hatte das Buch “Der Untergang Dresdens" anhand
der Augenzeuge, der Leute geschrieben, die dabei waren, entweder in der
Luft oder am Boden. Mein Verleger bat mich, ihm ein neues Werk
vorzuschlagen, und ich sagte ihm: ich möchte jetzt ein Buch über Adolf
Hitler schreiben, und zwar mit den gleichen Methoden.
Ich habe mich dann mit einiger Mühe in den Hitler-Kreis eingearbeitet,
und ich stellt zu meinem Erstaunen fest: das waren alles elegante,
intelligente, kluge, gebildete Menschen, die entweder durch den
Generalstabs-Lehrgang gegangen waren oder durch die Universität, oder
auch sonst ganz normale Menschen. Und sie alle sprachen über den Mann,
der einmal ihr Vertrauen besessen hatte, äußerst positiv.
Ich dachte mir: das kann nicht sein. Donnerwetter, wie kann das sein?
Auf der einen Seite haben wir den Hitler, den wir durch die englischen
Zeitungen, durch Hitler, durch Hollywood kennen, auf der anderen Seite
haben wir den Mann, den diese Leute erlebt haben -- einen vollkommen
anderen Hitler. Deswegen habe ich diesem Mann zwanzig, dreißig, vierzig
Jahre meines Lebens gewidmet. Und ich bin davon überzeugt, daß meine
Hitler-Biographie im nächsten Jahrhundert die Grundlage bilden wird.
Also im nächsten Jahrhundert werde ich wahrscheinlich unheimlich reich
werden!
DS: Sie haben selbst seinerzeit mit Albert Speer (left) und anderen
Zeitzeugen sprechen können. Ist das glaubhaft, wie es im “Untergang"
dargestellt wird, daß Speer Hitler im Angesicht des Endes widerspricht
und eingesteht, er habe die Befehle zur Zerstörung der deutschen
Infrastruktur heimlich ausgesetzt?
Irving: Man muß vieles cum grano salis nehmen, was Speer in seinen
Memoiren und seinen Tagebüchern schreibt. So will Speer zum Beispiel
ein Komplott geschmiedet haben, um Adolf Hitler und sein Personal durch
Giftgas umzubringen. Er gab dann später im Nürnberger Gefängnis unter
vier Augen Feldmarschall Milch (right) gegenüber zu: das war alles nur
vorgetäuscht, um mein Leben zu retten. Milch war sehr enttäuscht über
diesen Mann; das hat er in seinem Tagebuch festgehalten, daß Speer ihm
gestanden hat, daß das eine Finte, eine Erfindung war.
Man muß deshalb sehr vorsichtig sein bei dem, was Speer sagt. Speer ist
etwa am 23. April 1945 nach Berlin hineingeflogen. Eva Braun hat ihn
begrüßt und geküßt und gesagt: “Albert, ich wußte, Du würdest uns nicht
im Stich lassen" -- und er sagte: “Ich bin nur gekommen, um mich
abzumelden." Das hat er ja dann auch getan -- wahrscheinlich auch, um
herauszufinden, was an Pflaumen für die Zukunft für ihn vorgesehen war.
Er hat erst später erfahren, daß er abgesetzt und durch Karl-Otto Saur
ersetzt worden war.
DS: Sechzig Jahre sind diese Ereignisse nun her. Wo stehen die Deutschen
Ihrer Meinung nach heute? Gehen sie souveräner mit ihrer Geschichte um
als früher? Oder haben sich Denk- und Meinungsverbote eher noch
verfestigt?
Irving: Nun, es gibt eben sotte und sotte, wie die Schwaben es so schön
sagen: solche Deutsche und solche. Es gibt die Deutschen im Ausland,
die denken klar und richtig über den Zweiten Weltkrieg. Und es gibt die
Deutschen innerhalb Deutschlands -- da kann man nur den Kopf schütteln.
Ich habe einmal einen Vortrag am 13. April 1998 an der Universität
Washington-Staat gehalten, da war eine mit Humboldt-Stipendium
ausgerüstete Deutsche unter den Zuhörern. Die stand in der Fragestunde
auf und sagte: “Herr Irving, ich als Deutsche muß sagen, ich finde das
nur richtig, daß Sie in Deutschland Redeverbot haben" und so weiter.
Allmählich wurde es um diese junge Dame still, eisig. Die Amerikaner
haben sie gar nicht verstanden -- daß ein Mensch, anscheinend so klug
und intelligent, so denken kann, so starrsinnig und dickköpfig.
Die Deutschen, die im Ausland leben, die sind ganz anders. Wenn man die
Deutschen etwa in Argentinien kennenlernt oder in Südafrika oder
Südwestafrika -- die denken ganz anders. Ich weiß nicht, ob die
Deutschen in der Bundesrepublik noch zu retten sind. Mal sehen.
Das hat übrigens Adolf Hitler selbst schon erkannt. Er hat mich einmal
sozusagen als seinen Biographen bestimmt -- das stimmt: er hat einmal
im August 1944 ein Gespräch geführt mit seinem Hals-, Nasen-, Ohrenarzt,
Dr. Erwin Giesing, den habe ich interviewt. (Ich war immer schon
begeistert von Leuten, die Tagebuch geführt haben. Wenn ich feststellte,
ein Mann aus Hitlers Umgebung hat Tagebuch geführt -- wie Feldmarschall
Milch oder Rommel -- dann unternahm ich alles, um diese Tagebücher zu
bekommen.)
Da lese ich die Vernehmung von Dr. Giesing -- das war der Hals-, Nasen-,
Ohrenarzt, der Hitler für drei Monate nach dem 20. Juli behandelt hat,
ein normaler Oberstabsarzt des Heeres, ein absolut normaler Mann, gar
nicht politisch in irgendeiner Art. Und ich sehe aus den amerikanischen
Vernehmungen Giesings: der Mann hat Tagebuch geführt; er zitiert immer
genaue Daten: am 13. Oktober 44, da sprach Hitler mir gegenüber über
Reichsverweser Horthy -- und so weiter.
Ich fand den Vernehmungsoffizier, in Washington, einen Dr. Cortes F
Enloe, der sagte: ja, genau, Giesing, der hat Tagebuch geführt, er
blätterte während der Vernehmung immer nach. Ob er noch lebt, fragte
ich. Weiß ich nicht, sagte Enloe. Nun, er lebte, in Krefeld. Ich habe
ihn aufgesucht. Ich rief ihn an: Herr Giesing, kann ich Sie aufsuchen?
Ich bin englischer Historiker, ich schreibe eine Biographie über Adolf
Hitler, ich muß Sie besuchen. Da sagte er: “Herr Irving, ich habe Sie
erwartet."
Das war in den siebziger Jahren, er war noch tätig, hatte seine
Sprechstunden, er sagte: bitte, ich habe noch eine halbe Stunde zu tun,
da nehmen Sie, das können Sie draußen lesen.
Nun, da hat er -- etwa am 23. August '44 -- ein Gespräch mit Hitler; er
ging immer nach den Gesprächen in sein Nebenzimmer und hat sofort das
ganze Gespräch festgehalten. Da lese ich, sinngemäß: “Ich habe den
Führer gefragt, ob er wisse, daß der Kaiser das gleiche Ohrenleiden
gehabt habe. -- Woher wissen Sie das?" Ja, das wisse er aus dem Buch
von J.D. Chamier über den Kaiser, “Ein Fabeltier unserer Zeit". “’Ach,
das Buch kenne ich', sagt der Führer (merkwürdig, denn das Buch war
damals in Deutschland von der sog. Parteiamtlichen Prüfungs-Kommission
auf den Index verbotener Bücher gesetzt worden verboten).
Und dann sagt Hitler: ’Der Kaiser ist gut weggekommen in diesem Buch,
das hat er gar nicht verdient.'" Der Arzt sagte darauf: “Ja, er hat es
gut gehabt, damals konnte man sehr persönlich über einen Mann schreiben,
denn damals hat man viel mehr Gebrauch gemacht vom Schriftlichen, von
Briefen und so weiter. Heute wird alles per Telefon oder Rundfunk
gemacht, aber damals konnte man anhand dieser schriftlichen
Aufzeichnungen viel persönlicher schreiben."
Hitler sagt dann: “Herr Doktor, wissen Sie, seit September '42 bin ich
selbst dazu übergegangen, alles bei mir stenographisch aufnehmen zu
lassen, alles hat seine stenographische Ordnung, alles wird
protokolliert, im Wortlaut, und vielleicht kommt eines Tages ein
Engländer und schreibt über mich. Das wird dann die erste objektive
Biographie über mich sein. Das kann aber nicht ein Engländer der
heutigen Generation sein, es muß einer der nächsten Generation sein, es
muß aber auch ein Engländer sein, der die deutsche Sprache beherrscht,
und auch die ganzen Archive." -- Deshalb am Telefon: “Ich habe Sie
erwartet, Herr Irving!"...
DS: Was ist zu tun? Sehen Sie Zeichen der Hoffnung am Horizont? Könnte
eine politische Partei wie die NPD, die seit einigen Monaten im
Sächsischen Landtag vertreten ist, Akzente auch im Bereich der
Geschichtspolitik setzen?
Irving: Ja, irgendwann kommen die Rechten in Deutschland, aber da muß
ich mich fragen, ob ich dieses Deutschland dann besuche. Die Deutschen
sind sich selbst ihre schlimmsten Feinde. Sie übertreiben immer. Die
Deutschen kennen den aurea mediocritas, den goldenen Mittelweg nicht.
Es muß immer schräg links oder schräg rechts gehen. Wie heißt jetzt der
deutsche Außenminister -- Josef Fischer? Sehen Sie, da gab es diese
schönen Fotos, wo er in seiner Jugend einen Polizisten
zusammengeschlagen hat, zusammen mit seinen ebenso tapferen Freunden,
und jetzt ist er Außenminister...
DS: Aber wenn es jetzt eine nationale Opposition in Deutschland gibt,
dann sind wir doch auf dem Weg zu dieser goldenen Mitte...
Irving: Ja und nein. Da gibt es zu viele Kahlgeschorene und
Unverbesserliche -- genau wie in England --, die haben nicht die
Intellektuellen gewonnen. Man muß auch Intellektuelle für die Rechte
gewinnen...
DS: Natürlich. Aber das, was die Medien über die NPD berichten, ist ja
nur die Hälfte. Die NPD besteht ja nicht zu hundert Prozent aus
Skinheads...
Irving: Ja, ich habe darüber gelesen, von den Schwierigkeiten, die die
deutschen Rechten den Medien gegenüber hatten. Es wird nicht einfach
sein in Deutschland. Die Medien waren immer dagegen.
DS: Aber wenn es sich einpendeln würde? Sagen wir mal, wenn es eine
feste Größe von 20 Prozent Nationalen in den Parlamenten geben würde...
Irving: ... das große Problem ist: die Deutschen sind ein umerzogenes
Volk. Das ist nicht normal. Ich habe schon '85 gesagt, in Passau in
irgendeinem Saal: Sie sprechen davon, daß Deutschland ’befreit' worden
sei -- aber Sie sind nicht befreit. Deutschland ist immer noch
besetztes Gebiet. Die deutsche Seele ist besetztes Gebiet. So habe ich
mich damals ausgedrückt. Nichts hat sich daran geändert. Die deutsche
Seele ist besetztes Gebiet, und das wird für die voraussehbare Zukunft
auch so bleiben. Ich sehe das so.
DS: Herr Irving, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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Tja,
das hört sich schon ganz anders an, als das Gesülze welches von den
Betroffenheits-Fanatikern und Guido Knopp-Adepten für gewöhnlich
abgesondert wird!
Die Wahrheit macht frei!
glaubt
Rolf
---
Das Gespräch führten Henrik Ostendorf und Karl Richter im Januar 2005.
http://www.fpp.co.uk/online/05/02/Deutsche_Stimme.html
David Irving im Gespräch über Dresden, Churchill und die umerzogenen
Deutschen (Januar 2005.)
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DER britische Historiker David Irving begann seine publizistische
Karriere mit einer Monographie über die Vernichtung Dresdens im Februar
1945. Seither publizierte er eine Vielzahl zeithistorischer Werke,
darunter zahlreiche Biographien. Seine fulminante Hitler-Darstellung,
die auf profunder Quellenkenntnis beruht, gilt unter seriösen
Historikern immer noch als epochales Werk. Derzeit arbeitet Irving
unter anderem an einer Himmler-Biographie. Ein DS-Redaktionsteam
besuchte ihn im Januar in seiner Londoner Wohnung und sprach mit ihm
über den Terrorangriff auf Dresden, über den allierten Luftkrieg und
die umerzogenen Deutschen.
DS: Herr Irving, Sie gelten nicht nur als einer der profundesten Kenner
der deutschen Zeitgeschichte überhaupt, sondern insbesondere auch der
Ereignisse im Zusammenhang mit den alliierten Vernichtungsangriffen auf
Dresden, die sich heuer zum sechzigsten mal jähren. Wie kam es denn
überhaupt zu diesem Angriff, der militärisch ja völlig sinnlos war? Wer
trug die Verantwortung dafür?
Irving: Nun, das war sozusagen eine Leerstelle auf der Liste. Man hatte,
sagte mir Luftmarschall Harris, eine Liste aufgestellt, und irgendwann
würde Dresden an der Reihe sein müssen. Das konnte aber nicht früher
sein, weil Dresden bis dahin außerhalb der Reichweite unserer
Funk-Leitstrahlen lag. Es mußte erst ein neues Leitstrahl-System
eingeführt werden, das LORAN hieß, und sobald es gelungen war, dieses
LORAN-System in Frankreich aufzustellen, konnte man den Angriff gegen
Dresden fliegen, da hatte man diese Reichweite.
An sich hatte Dresden überhaupt keine militärische Bedeutung, aber man
mußte das tun. Den Bomberbesatzungen wurde bei den Flugeinweisungen am
Abend zuvor gesagt, Dresden würde angegriffen, um den Russen einen
Denkzettel zu verpassen. Die Russen sollten merken, wie stark unsere
Luftwaffe war. Das war der wesentlichste Grund; die Russen sollten
einen Denkzettel bekommen.
DS: Was wußte man denn zum Zeitpunkt des Angriffes, im Februar 1945, auf
britischer Seite über die deutsche Abwehr und insbesondere über die
deutsche Luftwaffe?
Irving: Über die Luftwaffe wußte man sehr viel, und zwar aus
verschiedenen Gründen. Man konnte seit 1940 die meisten operativen
Funksprüche der Luftwaffe entziffern -- mit dem Ergebnis zum Beispiel,
daß Winston Churchill in der zweiten Hälfte des Jahres 1940 in etwa 80
Prozent der Fälle genau gewußt hat, welcher Teil Großbritanniens von
den Deutschen angegriffen werden würde; das wußte man aus den
Funksprüchen, das wußte man auch anhand der verschiedenen
Funkleitstrahl-Verfahren -- eines hieß “Knickebein", andere waren die
X- und Y-Geräte --, und man konnte auf englischer Seite den
Funkleitstrahlen nachgehen und sehen, wo, über welcher Stadt sie sich
kreuzten. Aber wir haben auch aus der Entzifferung der deutschen
Funksprüche die Angriffsziele vorher erfahren.
Es gab auch deutsche Verräter wie den Grafen B., der mit einem deutschen
Flugzeug auf englischem Boden landete. Er war deshalb nach dem Krieg
bei der NATO sehr beliebt. Das war eindeutig ein Verräter, der ein
hochwertiges deutsches Jagdflugzeug nach England brachte. So jemanden
kann man nur als Verräter bezeichnen.
Wir hatten auch sehr gute Spezialisten, die alles beobachteten, zum
Beispiel den Funk-Horchdienst. Sehr interessant speziell bei den
Luftangriffen auf Dresden waren die Funk-Gegenmaßnahmen, die auf
englischer Seite angewandt wurden, um zu verhindern, daß die Deutschen
überhaupt eine effektive Luftabwehr aufbauen konnten.
DS: Ein häufig gehörter Einwand besagt, die Deutschen hätten durch die
“Entfesselung" des Zweiten Weltkrieges die Vernichtungsangriffe auf
deutsche Städte selbst verschuldet. Ist diese Auffassung haltbar? Läßt
sich der Angriff auf Dresden wirklich mit den deutschen Angriffen auf
Warschau, Rotterdam oder zum Beispiel auch auf Coventry vergleichen?
Irving: Schon wenn man die Zahlen vergleicht, sieht man, wie absurd das
ist. Der deutsche Luftangriff auf Guernica in Spanien im April 1937 hat
90 Menschen das Leben gekostet. Man faselt heute von Hunderten, von
Tausenden sogar. Ich bin zu den Krankenhäusern, den Friedhöfen in
Guernica gegangen und habe in damaligen Zeitungen gelesen. Und da sieht
man, daß weniger als 95 Menschen bei dem deutschen Luftangriff ums
Leben kamen, die meisten davon bei einem einzigen Vorgang, wo eine
Bombe auf eine Irrenanstalt fiel. Die Verluste an diesem Tag waren so
gering, daß die Rotspanier am Tag darauf eine Liste der Verwundeten in
den Zeitungen veröffentlichten. Daran sieht man, wie wenige Menschen
hier gestorben sind.
Bei dem Luftangriff auf Rotterdam -- das war ein taktischer Luftangriff
auf die Artilleriestellungen am 14. Mai 1940 -- ist ein Margarinelager,
ein Öllager in Brand geraten, und das hat dann einen erheblichen Teil
der Stadt in Brand gesetzt. Etwa 900 Menschen sind dabei ums Leben
gekommen, wie mir die Stadt selbst bestätigte -- was Churchill nicht
hinderte, in seinen Memoiren von 30.000 Toten bei dem Luftangriff zu
schreiben. Im übrigen haben wir Engländer in den nachfolgenden Jahren
in Rotterdam viel mehr Menschen durch Luftangriffe getötet als die
Deutschen.
Wiederum etwas ganz Anderes war der Luftangriff auf Warschau im
September 1939, das war so, wie es die Amerikaner unlängst in Falludja
gemacht haben. Die Deutschen hatten damals die Stadt Warschau zur
Kapitulation aufgefordert und der Bevölkerung Gelegenheit gegeben, sich
auf vorher bezeichneten Straßen zu retten. Der polnische Kommandant von
Warschau hat die Bevölkerung aber aufgefordert, in der Stadt zu
bleiben. Es begann dann ein Artilleriebeschuß und auch ein
Luftwaffenbombardement, das zu erheblichem Sachschaden führte. Ich weiß
nicht, wie viele Menschen dabei ums Leben gekommen sind.
Viel wesentlicher war meines Erachtens der deutsche Luftangriff auf
Belgrad im April 1941. Dabei sollen etwa 17.000 Menschen ums Leben
gekommen sein, das steht in einem zeitgenössischen Dokument, ich weiß
aber nicht, wie authentisch diese Darstellung ist.
Angeblich hat der Luftkrieg gegen die Hauptstädte im Sommer 1940
angefangen. Ein ganzes Jahr lang ist nämlich in London keine einzige
Bombe gefallen. Hitler hatte ein Verbot ausgesprochen, London zu
bombardieren. Er hatte die Bombardierung von englischen
Luftwaffenstützpunkten und Hafenanlagen erlaubt, aber auf London
durften keine Bomben abgeworfen werden. Etwa am 24. August 1940, ein
Jahr nach Kriegsbeginn, ist eine einzige deutsche Bombe auf eine Straße
am östlichen Ende von London gefallen. Ein Flugzeug hatte sich verirrt,
es war angewiesen worden, eine Öltankanlage anzugreifen. Kein Mensch
ist dabei getötet worden, niemand kam zu Schaden.
Doch Churchill hat, als er am nächsten Morgen um neun Uhr davon erfuhr,
persönlich das Bomber Command im Hauptquartier in High Wycombe westlich
von London angerufen und die Anweisung gegeben, sofort mit 100
Flugzeugen Berlin anzugreifen. Er sah, daß das die einzige Möglichkeit
sein würde, den Krieg in seinem Sinne zu verlängern. Es war nämlich in
diesem Sommer eine Friedensbewegung in England ausgebrochen, auch in
seinem eigenen Kabinett. Churchill sah, daß hier eine Möglichkeit
gegeben war, diese Friedensbewegung zum Schweigen zu bringen, indem man
einen Luftkrieg anfing. Außerdem konnte man so den Amerikanern die
Schrecklichkeit der Deutschen unter die Nase halten. Und: man konnte
den Druck der deutschen Luftangriffe von den englischen Fliegerhorsten
und Radaranlagen im Süden Englands ab- und auf die Hauptstadt umlenken.
Das war seine Absicht.
Viermal haben wir dann Berlin angegriffen, zwischen dem 25. August und
4. September 1940, viermal hat sich Hitler geweigert, auf diese
Angriffe zu antworten. Als Churchill dann zum vierten Mal Berlin
angreifen ließ, hat Hitler am 4. September 1940 seine berühmte
Ansprache im Sportpalast gehalten, in der er sagte: “Wir werden ihre
Städte ausradieren" und so weiter. Churchill hat darauf sofort den
Befehl gegeben, am gleichen Abend die Stadtmitte Berlins noch einmal
anzugreifen. Am 6. September erschien dann die deutsche Luftwaffe über
London, an einem Samstagnachmittag -- kein Nachtangriff, sondern ein
Tagangriff. Damit war der Luftkrieg eröffnet. Es war eindeutig der
Wunsch Churchills, daß es so passierte.
DS: Welche Rolle spielte denn bei der britischen Luftkriegführung das
Bomber Command? War Churchills Kurs der Kriegführung bei der
Luftwaffenführung umstritten? Gab es in Großbritannien überhaupt einen
dem deutschen vergleichbaren militärischen Widerstand, der bei uns
schließlich in den 20. Juli mündete?
Irving: Es gab im Sommer 1940 einen Widerstand gegen Churchill. Es
stellte sich erst nach und nach heraus, daß dahinter die spätere
Königinmutter steckte, damals Queen Elizabeth; sie hat Churchill
gehaßt. Sie hat mit verschiedenen Admiralen konspiriert. Das war auch
mit ein Grund, warum Churchill den Luftkrieg provozierte. Es gab damals
diese Strömung.
DS: Noch einmal zurück zum Angriff auf Dresden: ist es denn richtig, daß
zwischen den zwei Angriffswellen absichtlich zwei Stunden Zeit gelassen
wurde, damit beim zweiten Angriff auch die Lösch- und Sanitätseinheiten
getroffen werden konnten?
Irving: Das ist absolut richtig, das hat Bomber Harris mir gegenüber
persönlich bestätigt, als ich ihn am 23. März 1962 besuchte. Er hat mir
bestätigt, daß das reine Taktik war -- wie das ja auch die irischen
Terroristen bei uns in England machten, die immer zwei Bomben legten,
zuerst eine kleine Bombe, darauf kamen dann Feuerwehr und Rettungsleute,
und dann ging die große Bombe los.
DS: Man hält den Deutschen in der offiziellen Geschichtsdarstellung oft
den “industrialisierten Massenmord" -- an den europäischen Juden --
vor. Aber gab es nicht bei der britischen Luftwaffenführung noch viel
präzisere Überlegungen, mit welchen technischen Mitteln wie viele
Deutsche am effizientesten zu töten seien? Ich denke da zum Beispiel an
Figuren wie den Rüstungsexperten Lindemann, den späteren Lord Cherwell
(rechts). Haben wir es da nicht auch mit einem “singulären" Verbrechen
zu tun?
Irving: Genau so habe ich das in meinem Dresden-Buch beschrieben. Man
hat zum Beispiel genau ausgeklügelt, wie man am besten eine deutsche
Altstadt zum Brennen bringen konnte. Man warf zuerst eine Menge
“Wohnblock-Knacker" ab, das waren 4000-, später sogar 8000-Pfund-Bomben,
die zerbrachen die Fenster und rissen die Dächer herunter. Dann warf
man die Brandbomben ab, die die Gardinen und alles andere in Brand
setzten. Man hat mit Absicht die deutschen Altstädte angegriffen, denn
die brannten am besten, und es gab, wie gesagt, diese raffinierten
Maßnahmen mit den zwei Stunden zwischen den Angriffen. Das war alles
Absicht.
Ich habe Harris später danach befragt -- und es gab damals bereits die
Kontroverse, ob es nicht viel besser gewesen wäre, Auschwitz zu
bombardieren --, und er hat mir ganz burschikos geantwortet: “Herr
Irving, was für ein Irrtum, ich hätte ganz genau gewußt, wie ich lieber
sterben würde, ob an Zyankali oder an Brandbomben." Also er wußte ganz
genau, was schmerzhafter war.
Dabei muß ich sagen, er war durchaus ein großer Befehlshaber; sein
Denkmal hier an der Fleet Street, das hat er durchaus verdient. Er war
ein Könner wie unser Feldmarschall Montgomery oder Großadmiral Karl
Dönitz. Es kann nicht einfach gewesen sein. Er hatte eine 50.000 Mann
starke Streitmacht unter seinem Kommando, davon sind 30.000 Mann ums
Leben gekommen. Er hätte jeden Abend den Krieg verlieren können. Er
sagte mir: “Ich hätte jeden Abend einen Schlag führen können, der mit
einer Katastrophe endet." Aber er hat das durchgehalten bis zum Ende,
auch wenn er nicht immer einverstanden mit dem war, was er tun mußte.
Einer seiner Offiziere im Hauptquartier im Westen Londons sagte mir
einmal, wie Harris mit seinem Wagen an einem Kreisverkehr nicht
weiterkonnte und stehenbleiben mußte. Da kam ein Bobby, hielt ihn auf
und sagte ihm: “Sie wissen, Sie hätten einen Menschen töten können,
wenn Sie weitergefahren wären." Harris antwortete: “Mann, ich töte
Tausende jeden Abend."
DS: Herr Irving, Sie haben auch eine fundierte Biographie über den
britischen Kriegspremier Winston Churchill geschrieben. Würden Sie aus
Ihrer heutigen Kenntnis der Dinge heraus Churchill als einen
Kriegsverbrecher bezeichnen?
Irving: Nach den heutigen Maßstäben ist Churchill zweifellos ein
Kriegsverbrecher. Inzwischen ist klar festgelegt, daß solche
Luftangriffe, wie sie 1945 gegen Dresden geführt wurden, eindeutig ein
Kriegsverbrechen sind. Schon aus Gründen der Proportionalität: man darf
nicht einfach eine Stadt mit hunderttausend Menschen auslöschen, um
eine Zigarettenfabrik oder eine Fabrik Glashütte auszulöschen. Das darf
man nicht.
DS: Nach allen Unterlagen, die Sie im Laufe der Jahrzehnte auswerten
konnten und die Sie kennen: wie hoch schätzen Sie die Zahl der Opfer
vom 13. Februar 1945 -- gerade auch, wenn man berücksichtigt, daß sich
viele Flüchtlinge aus dem Osten zu diesem Zeitpunkt in der Stadt
aufhielten?
Irving: Das ist leider stark politisiert, diese Zahlenklauberei. Aus
irgendwelchen Gründen, die mir nicht ganz klar sind, hat sich die DDR
immer auf die Zahl von 35.000 Toten festgelegt. Das ist mehr, als in
dem Polizeibericht steht, aber es ist weniger, als damals von den
Fachleuten gesagt wurde. Es gab einen Arzt in Dresden, einen leitenden
Arzt, der auch in den sechziger Jahren noch in Dresden wohnte. Ich habe
mit ihm korrespondiert, und er hat mir einen Brief geschrieben, in dem
er sagte: die Zahl der Toten ist 145.000. General Klaus Mehnert, der
Stadtkommandant von Dresden, sprach diesem Mann gegenüber von einer
Zahl von 140.000.
Als ich das Buch schrieb, meldete sich bei mir ein Oberstudienrat aus
Hannover namens Hanns Voigt, der Leiter der Vermißten-Nachweiszentrale
war, Leiter der Abteilung “Tote". Er schilderte mir genau, wie man
diese furchtbare Aufgabe ausführte. Er sagte: wir hatten zum Schluß
etliche Eimer voller Trauringe, die wir alle an die Reichsbank in
Frankfurt abgegeben haben (man weiß, was man später mit diesen Eimern
von Trauringen anfing und behauptete!). Er sagte mir, seine Schätzung
liege bei 135.000. Diese Zahl habe ich auch in meinem Buch erwähnt.
Nachdem das Buch dann 1963 erschien, hat mir das Bundesarchiv im
Frühjahr 1966 zufällig gleichzeitig mit dem Zentralarchiv in Dresden
eine andere Zahl genannt. Man hatte inzwischen den polizeilichen
Erfahrungsbericht gefunden. Der Mann, der damals Leiter der
SS-Polizeiführung in Dresden war, hatte am 10. März einen Bericht
zusammengestellt -- nach dem Stand vom 2. März, also zwei Wochen nach
dem Angriff -- und gibt darin verschiedene Zahlen an: 17.000 hier,
10.000 auf dem Altmarkt verbrannt usw. Nach diesen Schätzungen durfte
man von etwa 25.000 Toten und etwa 35.000 Vermißten ausgehen, da käme
man auf rund 60.000.
Das Ganze ist nicht so einfach, wie die “Puristen" unter den
Wissenschaftlern immer behaupten: “Herr Irving, da haben Sie es doch!"
Nein, da haben wir es nicht. Es gab Leichen, es gab Keller, da gab es
nur noch einen Brei, oder Schichten von Asche. Wie hätte man da
feststellen sollen, wie viele Leute dort verbrannt sind?
Außerdem gab es unzählige Flüchtlinge in der Stadt, eine halbe Million
Flüchtlinge. Ganze Familien kamen ums Leben, die kein Zuhause hatten,
keinen Luftschutzkeller. Wenn eine ganze Familie ums Leben kommt, dann
gibt es niemanden, der sie als vermißt meldet.
Oder man geht das Ganze wie in Hamburg an, wo man weiß, wie viele
Wohnungen es gab und wieviele Menschen auf jede Wohnung kamen. Auch auf
diese Weise kann man Berechnungen anstellen.
Ein sehr gutes Werk ist jetzt von der Stadt Dresden veröffentlicht
worden, da ist von Nebenerscheinungen die Rede, anhand derer man
Berechnungen anstellen kann. Auf dem Heidefriedhof zum Beispiel war ein
Bergungskommando. Die Berichte dieser Leute erwähnen Mitte April 1945
zum Beispiel: “wir haben hier 300 Zentner Altkleidung." Man hat den
Leichen die Kleidung abgenommen. Und sie hatten dort fünf Tonnen
Schuhwerk, Berge von Schuhen (woran erinnert man sich dabei?); man
hatte Berge von Brillen. Man hat die Altkleidung den Leichen abgenommen,
sortiert und gesäubert und dann an die Gefangenenlager weitergegeben.
Aber diese 15.000 Kilo Kleider sind natürlich nicht von allen Leichen.
Man sieht die Fotos vom Altmarkt: die Leichen, die dort auf den
Scheiterhaufen zu 500 aufgestapelt sind, die sind nicht entkleidet.
Auch die Leute, die auf den Straßen zerstückelt oder verbrannt waren,
deren Kleidung wurde ebenfalls nicht abgenommen. Nur von den “sauberen"
Leichen konnte man die Kleidung abnehmen. Auch das ist so eine
Nebenrechnung, bei der man dann wieder auf eine andere Zahl kommt. Im
Ergebnis waren es bestimmt mehr als 60.000, vielleicht um die 100.000,
vielleicht sogar 135.000. Genauer kann man nicht sein.
DS: Nun ist der Angriff auf Dresden auch ein Kapitel bundesdeutscher
“Geschichtspolitik"; während einerseits deutsche Untaten in der
offiziellen Darstellung mit zunehmender Entfernung von den Ereignissen
immer größer werden, werden deutsche Opfer nach Möglichkeit
minimalisiert. Sehen Sie aus der Perspektive des Auslands, daß sich an
diesem Nationalmasochismus der bundesdeutschen Geschichtspolitik in den
Jahren seit der Wiedervereinigung etwas geändert hat?
Irving: Nein, es läuft immer noch in die falsche Richtung. Als ich im
Februar 1990 zum letzten Mal in Dresden war, da war Dresden noch nicht
politisch korrekt. Die Wiedervereinigung war gerade im Gange, es war
immer noch DDR, aber man durfte plötzlich frei reden. Am 13. Februar,
am Abend des Luftangriffes, war ich in Dresden, es war sehr feierlich,
Leute kamen mit Kerzen -- so etwas hat man in Westdeutschland nie
gemacht an den Jahrestagen der großen Luftangriffe. Den Westdeutschen
war das unheimlich. In den darauffolgenden Jahren verstärkten sich dann
die Bemühungen, daß diese Art des Gedenkens einzustellen sei.
Diese ganze Zahlenklauberei geht in die gleiche Richtung. Man möchte die
richtigen Zahlen nicht nennen. Man möchte keine “Endsumme" nennen.
Genauso, wie die Endsumme “sechs Millionen" immer die gleiche bleibt,
so liegt die Zahl der Luftkriegstoten in Deutschland immer bei
“ungefähr einer halbe Million". Man weiß nicht genau, ob damit nur
Deutschland gemeint ist oder Deutschland einschließlich der besetzten
Gebiete -- aber immer bleibt es bei ungefähr einer halben Million.
Wenn man das aber auseinanderzieht: Dresden um die 100.000, Hamburg um
die 40.000, in Pforzheim 27.000, in Darmstadt 15.000, dann sieht man:
diese halbe Million kann unmöglich die richtige Zahl sein. Doch das ist
Politik, man treibt damit Politik.
DS: Noch eine Frage zum Thema “Geschichtspolitik" in Deutschland: für
erhebliche Diskussionen hat in der Bundesrepublik im Herbst 2004 der
Film “Der Untergang" (rechts) gesorgt, der die letzten Tage Hitlers im
Bunker der Berliner Reichskanzlei thematisiert. Was sind aus Ihrer
Kenntnis heraus Punkte, wo Sie sagen würden: nein, so war das nicht,
das war anders?
Irving: Wenn man mein Werk “Hitlers Krieg" lesen würde, würde man
feststellen, daß dieser Film aus meinem Buch hätte entstehen können.
Ich stützte mein Buch sehr weitgehend auf die engste Umgebung Adolf
Hitlers -- so zum Beispiel auf die vier Sekretärinnen, die ihm bis
zuletzt dienten und die mich sehr unterstützten mit ihren
Niederschriften, ihren Tagebüchern. Man bekommt dann ein ganz anderes
Bild.
Es ist für viele Deutsche sicherlich ganz erstaunlich, zu sehen, daß es
effektiv zwei Hitlers gegeben haben muß -- es gibt den Hitler aus
Hollywood, und es gibt den Hitler, so wie ihn die Leute gekannt haben,
die um ihn waren. Das war aber das allererste, was mich an dem Mann
interessiert hat. Ich hatte das Buch “Der Untergang Dresdens" anhand
der Augenzeuge, der Leute geschrieben, die dabei waren, entweder in der
Luft oder am Boden. Mein Verleger bat mich, ihm ein neues Werk
vorzuschlagen, und ich sagte ihm: ich möchte jetzt ein Buch über Adolf
Hitler schreiben, und zwar mit den gleichen Methoden.
Ich habe mich dann mit einiger Mühe in den Hitler-Kreis eingearbeitet,
und ich stellt zu meinem Erstaunen fest: das waren alles elegante,
intelligente, kluge, gebildete Menschen, die entweder durch den
Generalstabs-Lehrgang gegangen waren oder durch die Universität, oder
auch sonst ganz normale Menschen. Und sie alle sprachen über den Mann,
der einmal ihr Vertrauen besessen hatte, äußerst positiv.
Ich dachte mir: das kann nicht sein. Donnerwetter, wie kann das sein?
Auf der einen Seite haben wir den Hitler, den wir durch die englischen
Zeitungen, durch Hitler, durch Hollywood kennen, auf der anderen Seite
haben wir den Mann, den diese Leute erlebt haben -- einen vollkommen
anderen Hitler. Deswegen habe ich diesem Mann zwanzig, dreißig, vierzig
Jahre meines Lebens gewidmet. Und ich bin davon überzeugt, daß meine
Hitler-Biographie im nächsten Jahrhundert die Grundlage bilden wird.
Also im nächsten Jahrhundert werde ich wahrscheinlich unheimlich reich
werden!
DS: Sie haben selbst seinerzeit mit Albert Speer (left) und anderen
Zeitzeugen sprechen können. Ist das glaubhaft, wie es im “Untergang"
dargestellt wird, daß Speer Hitler im Angesicht des Endes widerspricht
und eingesteht, er habe die Befehle zur Zerstörung der deutschen
Infrastruktur heimlich ausgesetzt?
Irving: Man muß vieles cum grano salis nehmen, was Speer in seinen
Memoiren und seinen Tagebüchern schreibt. So will Speer zum Beispiel
ein Komplott geschmiedet haben, um Adolf Hitler und sein Personal durch
Giftgas umzubringen. Er gab dann später im Nürnberger Gefängnis unter
vier Augen Feldmarschall Milch (right) gegenüber zu: das war alles nur
vorgetäuscht, um mein Leben zu retten. Milch war sehr enttäuscht über
diesen Mann; das hat er in seinem Tagebuch festgehalten, daß Speer ihm
gestanden hat, daß das eine Finte, eine Erfindung war.
Man muß deshalb sehr vorsichtig sein bei dem, was Speer sagt. Speer ist
etwa am 23. April 1945 nach Berlin hineingeflogen. Eva Braun hat ihn
begrüßt und geküßt und gesagt: “Albert, ich wußte, Du würdest uns nicht
im Stich lassen" -- und er sagte: “Ich bin nur gekommen, um mich
abzumelden." Das hat er ja dann auch getan -- wahrscheinlich auch, um
herauszufinden, was an Pflaumen für die Zukunft für ihn vorgesehen war.
Er hat erst später erfahren, daß er abgesetzt und durch Karl-Otto Saur
ersetzt worden war.
DS: Sechzig Jahre sind diese Ereignisse nun her. Wo stehen die Deutschen
Ihrer Meinung nach heute? Gehen sie souveräner mit ihrer Geschichte um
als früher? Oder haben sich Denk- und Meinungsverbote eher noch
verfestigt?
Irving: Nun, es gibt eben sotte und sotte, wie die Schwaben es so schön
sagen: solche Deutsche und solche. Es gibt die Deutschen im Ausland,
die denken klar und richtig über den Zweiten Weltkrieg. Und es gibt die
Deutschen innerhalb Deutschlands -- da kann man nur den Kopf schütteln.
Ich habe einmal einen Vortrag am 13. April 1998 an der Universität
Washington-Staat gehalten, da war eine mit Humboldt-Stipendium
ausgerüstete Deutsche unter den Zuhörern. Die stand in der Fragestunde
auf und sagte: “Herr Irving, ich als Deutsche muß sagen, ich finde das
nur richtig, daß Sie in Deutschland Redeverbot haben" und so weiter.
Allmählich wurde es um diese junge Dame still, eisig. Die Amerikaner
haben sie gar nicht verstanden -- daß ein Mensch, anscheinend so klug
und intelligent, so denken kann, so starrsinnig und dickköpfig.
Die Deutschen, die im Ausland leben, die sind ganz anders. Wenn man die
Deutschen etwa in Argentinien kennenlernt oder in Südafrika oder
Südwestafrika -- die denken ganz anders. Ich weiß nicht, ob die
Deutschen in der Bundesrepublik noch zu retten sind. Mal sehen.
Das hat übrigens Adolf Hitler selbst schon erkannt. Er hat mich einmal
sozusagen als seinen Biographen bestimmt -- das stimmt: er hat einmal
im August 1944 ein Gespräch geführt mit seinem Hals-, Nasen-, Ohrenarzt,
Dr. Erwin Giesing, den habe ich interviewt. (Ich war immer schon
begeistert von Leuten, die Tagebuch geführt haben. Wenn ich feststellte,
ein Mann aus Hitlers Umgebung hat Tagebuch geführt -- wie Feldmarschall
Milch oder Rommel -- dann unternahm ich alles, um diese Tagebücher zu
bekommen.)
Da lese ich die Vernehmung von Dr. Giesing -- das war der Hals-, Nasen-,
Ohrenarzt, der Hitler für drei Monate nach dem 20. Juli behandelt hat,
ein normaler Oberstabsarzt des Heeres, ein absolut normaler Mann, gar
nicht politisch in irgendeiner Art. Und ich sehe aus den amerikanischen
Vernehmungen Giesings: der Mann hat Tagebuch geführt; er zitiert immer
genaue Daten: am 13. Oktober 44, da sprach Hitler mir gegenüber über
Reichsverweser Horthy -- und so weiter.
Ich fand den Vernehmungsoffizier, in Washington, einen Dr. Cortes F
Enloe, der sagte: ja, genau, Giesing, der hat Tagebuch geführt, er
blätterte während der Vernehmung immer nach. Ob er noch lebt, fragte
ich. Weiß ich nicht, sagte Enloe. Nun, er lebte, in Krefeld. Ich habe
ihn aufgesucht. Ich rief ihn an: Herr Giesing, kann ich Sie aufsuchen?
Ich bin englischer Historiker, ich schreibe eine Biographie über Adolf
Hitler, ich muß Sie besuchen. Da sagte er: “Herr Irving, ich habe Sie
erwartet."
Das war in den siebziger Jahren, er war noch tätig, hatte seine
Sprechstunden, er sagte: bitte, ich habe noch eine halbe Stunde zu tun,
da nehmen Sie, das können Sie draußen lesen.
Nun, da hat er -- etwa am 23. August '44 -- ein Gespräch mit Hitler; er
ging immer nach den Gesprächen in sein Nebenzimmer und hat sofort das
ganze Gespräch festgehalten. Da lese ich, sinngemäß: “Ich habe den
Führer gefragt, ob er wisse, daß der Kaiser das gleiche Ohrenleiden
gehabt habe. -- Woher wissen Sie das?" Ja, das wisse er aus dem Buch
von J.D. Chamier über den Kaiser, “Ein Fabeltier unserer Zeit". “’Ach,
das Buch kenne ich', sagt der Führer (merkwürdig, denn das Buch war
damals in Deutschland von der sog. Parteiamtlichen Prüfungs-Kommission
auf den Index verbotener Bücher gesetzt worden verboten).
Und dann sagt Hitler: ’Der Kaiser ist gut weggekommen in diesem Buch,
das hat er gar nicht verdient.'" Der Arzt sagte darauf: “Ja, er hat es
gut gehabt, damals konnte man sehr persönlich über einen Mann schreiben,
denn damals hat man viel mehr Gebrauch gemacht vom Schriftlichen, von
Briefen und so weiter. Heute wird alles per Telefon oder Rundfunk
gemacht, aber damals konnte man anhand dieser schriftlichen
Aufzeichnungen viel persönlicher schreiben."
Hitler sagt dann: “Herr Doktor, wissen Sie, seit September '42 bin ich
selbst dazu übergegangen, alles bei mir stenographisch aufnehmen zu
lassen, alles hat seine stenographische Ordnung, alles wird
protokolliert, im Wortlaut, und vielleicht kommt eines Tages ein
Engländer und schreibt über mich. Das wird dann die erste objektive
Biographie über mich sein. Das kann aber nicht ein Engländer der
heutigen Generation sein, es muß einer der nächsten Generation sein, es
muß aber auch ein Engländer sein, der die deutsche Sprache beherrscht,
und auch die ganzen Archive." -- Deshalb am Telefon: “Ich habe Sie
erwartet, Herr Irving!"...
DS: Was ist zu tun? Sehen Sie Zeichen der Hoffnung am Horizont? Könnte
eine politische Partei wie die NPD, die seit einigen Monaten im
Sächsischen Landtag vertreten ist, Akzente auch im Bereich der
Geschichtspolitik setzen?
Irving: Ja, irgendwann kommen die Rechten in Deutschland, aber da muß
ich mich fragen, ob ich dieses Deutschland dann besuche. Die Deutschen
sind sich selbst ihre schlimmsten Feinde. Sie übertreiben immer. Die
Deutschen kennen den aurea mediocritas, den goldenen Mittelweg nicht.
Es muß immer schräg links oder schräg rechts gehen. Wie heißt jetzt der
deutsche Außenminister -- Josef Fischer? Sehen Sie, da gab es diese
schönen Fotos, wo er in seiner Jugend einen Polizisten
zusammengeschlagen hat, zusammen mit seinen ebenso tapferen Freunden,
und jetzt ist er Außenminister...
DS: Aber wenn es jetzt eine nationale Opposition in Deutschland gibt,
dann sind wir doch auf dem Weg zu dieser goldenen Mitte...
Irving: Ja und nein. Da gibt es zu viele Kahlgeschorene und
Unverbesserliche -- genau wie in England --, die haben nicht die
Intellektuellen gewonnen. Man muß auch Intellektuelle für die Rechte
gewinnen...
DS: Natürlich. Aber das, was die Medien über die NPD berichten, ist ja
nur die Hälfte. Die NPD besteht ja nicht zu hundert Prozent aus
Skinheads...
Irving: Ja, ich habe darüber gelesen, von den Schwierigkeiten, die die
deutschen Rechten den Medien gegenüber hatten. Es wird nicht einfach
sein in Deutschland. Die Medien waren immer dagegen.
DS: Aber wenn es sich einpendeln würde? Sagen wir mal, wenn es eine
feste Größe von 20 Prozent Nationalen in den Parlamenten geben würde...
Irving: ... das große Problem ist: die Deutschen sind ein umerzogenes
Volk. Das ist nicht normal. Ich habe schon '85 gesagt, in Passau in
irgendeinem Saal: Sie sprechen davon, daß Deutschland ’befreit' worden
sei -- aber Sie sind nicht befreit. Deutschland ist immer noch
besetztes Gebiet. Die deutsche Seele ist besetztes Gebiet. So habe ich
mich damals ausgedrückt. Nichts hat sich daran geändert. Die deutsche
Seele ist besetztes Gebiet, und das wird für die voraussehbare Zukunft
auch so bleiben. Ich sehe das so.
DS: Herr Irving, wir danken Ihnen für das Gespräch.
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Tja,
das hört sich schon ganz anders an, als das Gesülze welches von den
Betroffenheits-Fanatikern und Guido Knopp-Adepten für gewöhnlich
abgesondert wird!
Die Wahrheit macht frei!
glaubt
Rolf
---
Das Gespräch führten Henrik Ostendorf und Karl Richter im Januar 2005.
http://www.fpp.co.uk/online/05/02/Deutsche_Stimme.html