Putins williges Opferlamm
2022-07-30 07:45:23 UTC
https://www.anti-spiegel.ru/2022/wie-die-ukraine-polen-und-lettland-die-gasknappheit-in-der-eu-verschaerfen/
Energiekrise
Wie die Ukraine, Polen und Lettland die Gasknappheit in der EU
verschärfen
Manche Entscheidungen, die EU-Staaten treffen, erinnern an
einen Kindergarten. Das wäre lustig, wenn sie damit nicht die ohnehin
gefährliche Gasknappheit in der EU künstlich verschärfen würden.
30. Juli 2022, 05:00 Uhr
Bekanntlich steckt die EU in einer selbst verursachten Gaskrise. Ich
habe schon über die fünf Pipelines berichtet, die Europa mit billigem
russischen Gas versorgen könnten, und dass zwei davon (Nord Stream 2
und Jamal-Europe) aufgrund von Entscheidungen der EU, beziehungsweise
Polens und Deutschlands, abgeschaltet sind. Weitere zwei Pipelines
(Turkish Stream und die ukrainische Pipeline) laufen mit verminderter
Kapazität, wobei die Gründe eine ukrainische Entscheidung und
Entscheidungen südosteuropäischer Staaten wie Bulgarien sind. Bei der
fünften Pipeline, Nord Stream 1, gibt es einen Streit um die Wartung
von Kompressorturbinen, weshalb die Pipeline derzeit nur ca. 20 Prozent
ihrer Kapazität liefert. Die Details über die Pipelines und die Gründe
für ihre geringe Auslastung finden Sie hier.
Aus diesem Grund herrscht in der EU die Gasknappheit, die derzeit die
Schlagzeilen beherrscht. Was deutsche „Qualitätsmedien“ dabei
verschweigen, ist, wie die Ukraine, Polen und Lettland die Gasknappheit
noch verschärfen.
Die Ukraine
Die Ukraine hat schon 2014 angefangen, offiziell „europäisches“ Gas,
anstatt Gas aus Russland, zu kaufen. Das war reine Augenwischerei, denn
dabei handelte es sich um einen sogenannten „virtuellen Revers“ – das
bedeutet, dass die Ukraine das Gas bei Zwischenhändlern in Ungarn und
der Slowakei gekauft hat. Die hatten jedoch kein europäisches Gas,
sondern haben russisches Gas bestellt und der Ukraine mit einem
Aufpreis von 100 Dollar pro tausend Kubikmeter in Rechnung gestellt.
Das Gas war auch nie in Europa, sondern wurde in der Ukraine aus der
Transitpipeline direkt in das ukrainische Netz eingespeist. Es war nur
auf dem Papier „europäisches“ Gas, weil es bei europäischen
Zwischenhändlern gekauft wurde.
Wie dieser Trick funktioniert hat und wer dabei den Aufpreis in seine
Tasche gesteckt hat, darüber habe ich schon im Sommer 2019 berichtet.
Damals war das alles noch eine böse Verschwörungstheorie, aber
mittlerweile wurde das sogar in der Ukraine selbst bestätigt.
Nun wurde in der Slowakei gemeldet, dass sich aufgrund der geringen
Lieferungen über Nord Stream 1 die Gasflüsse in der EU verändert haben,
sodass es nicht mehr genug Gas gibt, das die Ukraine über den
virtuellen Revers aus der Transitpipeline ziehen kann, zumal die
Ukraine den Durchfluss durch die Pipeline im Mai selbst verringert hat.
Daher ist die Ukraine nun zu einem echten Revers gezwungen und muss Gas
aus Europa über kleinere Pipelines ins Land pumpen. Die Ukraine
entzieht dem europäischen Markt damit Gas, anstatt es direkt in
Russland einzukaufen und die von der Ukraine selbst reduzierten
Kapazitäten seiner Transitpipeline dazu zu nutzen.
Damit aber nicht genug, denn am 26. Juli hat der ukrainische staatliche
Gasversorger Naftogaz, über den all diese Geschäfte laufen, technischen
Konkurs angemeldet, weil er nicht in der Lage ist, Schulden in Höhe von
1,5 Milliarden Euro zu bedienen. Daher hat Kiew von den USA gefordert,
dass die USA der Ukraine Flüssiggas zu den Bedingungen des
Lend-Lease-Gesetzes liefern sollen, nach dem die USA der Ukraine auch
Waffen liefern. Das bedeutet, die Ukraine will das Gas sofort bekommen
und irgendwann in der Zukunft bezahlen.
Das Problem ist jedoch, dass die Ukraine keine Terminals für die
Entladung von Flüssiggas besitzt, sie will also, dass US-Flüssiggas,
von dem nach der Explosion im größten Gasterminal der USA ohnehin schon
viel zu wenig nach Europa gelangt, aus Europa in die Ukraine gepumpt
wird. Das Gas würde in Europa fehlen, wobei die Ukraine es nicht einmal
bezahlen will, denn dass die ohnehin bankrotte Ukraine ihre Schulden
aus dem Lend-Lease-Gesetz irgendwann mal zurückzahlt, ist mehr als
unwahrscheinlich.
Polen
Polen hat seine langfristigen Lieferverträge mit Gazprom auslaufen
lassen und musste danach Gas aus Russland zum viel teureren Börsenpreis
kaufen. Das hat dazu geführt, dass die Jamal-Europa-Pipeline, die
eigentlich russisches Gas über Weißrussland und Polen bis nach
Deutschland bringen soll, seit Dezember 2021 praktisch kein Gas mehr
liefert. Polen hat danach seine Gasinfrastruktur, die Tochterfirmen von
Gazprom gehört, unter Sanktionen und damit unter polnische
Zwangsverwaltung gestellt, woraufhin Gazprom die Lieferungen über die
Pipeline ganz eingestellt hat.
Das ist aber nicht alles. Polen hat zwar ein Flüssiggas-Terminal
gebaut, weil Polen auf US-Flüssiggas gesetzt hat, aber davon kam im
Zuge der Gaskrise, die schon im Sommer 2021 begonnen hat, nicht genug
nach Polen, weil in Asien mehr Geld dafür bezahlt wurde. Um trotzdem
genug Gas zu haben, hat Polen angefangen, Gas von deutschen Importeuren
zu kaufen, die das russische Gas noch über langfristige Verträge und zu
einem um ein Vielfaches geringeren Preis von Gazprom beziehen.
Damit sind wir wieder beim Revers denn das russische Gas aus
Deutschland fließt seit Ende April dauerhaft in umgekehrter Richtung
durch die Jamal-Europa-Pipeline aus Deutschland nach Polen. Darüber
habe nicht nur ich berichtet, das konnte man auch in kurzen Artikeln
einiger „Qualitätsmedien“ erfahren. Für die deutschen Importeure ist
das ein gutes Geschäft, denn sie verkaufen das billige russische Gas
mit einem saftigen Aufpreis an Polen weiter, was aber dazu führt, das
es in Deutschland fehlt.
Der russische Präsident Putin hat schon im Dezember öffentlich gesagt,
die „Verbraucher in Deutschland sollten eine Erklärung fordern“ – aber
wie immer haben deutsche „Qualitätsmedien“ es nicht für nötig gehalten,
ihre deutschen Leser darüber zu informieren.
Damit entzieht Polen dem europäischen – konkret dem deutschen – Markt
Gas, anstatt zusätzliches Gas über die Jamal-Europa-Pipeline zu nach
Europa zu liefern.
Lettland
Auch Lettland, das noch aus Sowjetzeiten an das russische Gasnetz
angebunden ist, lehnt es ab, Gas direkt aus Russland zu beziehen. Das
erklärte der Chef des lettischen Gasversorgers Latvijas gāze und
begründete das damit, dass seine Firma nicht direkt mit Gazprom
abrechnen kann. Der Grund ist, dass das lettische Parlament sein
Energiegesetz so geändert hat, dass Gaslieferungen aus Russland nach
Lettland verboten sind.
Der Chef des lettischen Gasversorgers hat mitgeteilt, man kaufe auch
weiterhin russisches Gas, aber nicht mehr bei Gazprom, sondern bei
einem anderen Anbieter. Welcher Anbieter das ist, woher das russische
Gas bezogen wird und wie viel es kostet, hat er unter Verweis auf
Geschäftsgeheimnisse nicht beantwortet.
Man kann also nur raten, ob Lettland sein Gas nun auch vom europäischen
Markt abziehen wird, oder ob – wie schon beim virtuellen Revers der
Ukraine – eine ausländische Scheinfirma zwischengeschaltet wird, die
das russische Gas kauft und es wie bisher direkt aus Russland nach
Lettland pumpen lässt. In jedem Fall wird – wie schon beim ukrainischen
Revers – irgendeine Scheinfirma viel Geld damit verdienen, das
russische Gas „umzuetikettieren“.
Die Rechnung bezahlen Sie!
Man kann ja der Meinung sein, dass Russlands Vorgehen ganz böse ist,
und dass Russland dafür bestraft werden muss. Nur ist es unbestreitbar,
dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit ihren Maßnahmen im Bereich
Gas- und Energieversorgung vor allem ihre eigenen Bürger und ihre
eigene Wirtschaft bestrafen. Der Mangel an Gas und die darauf
resultierenden Probleme sind nicht „Putins Schuld“ – sie sind eine
direkte Folge der EU-Sanktionen und von Entscheidungen europäischer
Politiker.
Nicht nur, dass diese Entscheidungen die Gasimporte aus Russland in die
EU künstlich verringern, zusätzlich treffen einzelne Staaten
Entscheidungen, die diese Situation sogar noch verschärfen. Und
Importeure von für Deutschland bestimmtem Gas liefern einen Teil davon
nach Polen, weil das mehr Profit bringt.
Da die deutschen „Qualitätsmedien“ über diese Hintergründe nicht
berichten und ihren Lesern die Zusammenhänge nicht erklären, können sie
– ohne einen Shitstorm zu ernten – sogar berichten, dass Gaskunden in
Deutschland ab Herbst eine Extra-Umlage zahlen müssen. Das wäre
vollkommen unnötig, wenn die Bundesregierung sich dafür einsetzen
würde, dass alle bestehenden russischen Pipelines auf Maximum gefahren
werden und dass Nord Stream 2 zugelassen wird.
Die deutsche Regierung kann ja der Meinung sein, in Zukunft auf
russisches Gas verzichten zu wollen, jedoch ist das derzeit
offensichtlich unmöglich. Aber der Bundesregierung sind ihre
ideologischen Ziele (Energiewende, anti-russische Politik, etc.)
wichtiger, als das Wohlergehen der deutschen Bevölkerung und sogar der
deutschen Wirtschaft.
Es hat in Deutschland noch nie zu etwas Gutem geführt, wenn die
Regierung blind einer Ideologie gefolgt ist und die Realitäten
ausgeblendet hat. Aber den Geschichtsunterricht scheinen die Mitglieder
der Bundesregierung geschlossen geschwänzt zu haben.
Und wenn Uschi von der Leyen von den EU-Staaten Solidarität in der
Gaskrise einfordert, dann verliert sie kein Wort über diese künstlichen
Verknappungen von Gas in der EU. Offenbar ist es auch dieser Dame
wichtiger, den Menschen in der EU zu schaden, als Russland zu schaden.
Die Gründe für die Energiekrise in Europa
Über die Gründe für die Energiekrise in Europa, die schon lange vor der
russischen Intervention in der Ukraine begonnen hat, habe ich oft
berichtet, aber der Vollständigkeit halber fasse ich die Gründe hier
noch einmal kurz zusammen.
Erstens: Der Winter 2020/2021 war kalt, weshalb viel Gas verbraucht
wurde. Pipelines und Tanker reichen nicht aus, um im Winter genug Gas
nach Europa zu bringen, weshalb die Gasspeicher normalerweise im Sommer
aufgefüllt werden. Das ist in 2021 ausgeblieben und während die
Gasspeicher normalerweise zu Beginn der Heizsaison zu fast 100 Prozent
gefüllt sind, waren es in dem Jahr nur knapp 75 Prozent.
Zweitens: Die Energiewende hat zu einem zu großen Anteil von
Windenergie am Strommix geführt. Da der Sommer 2021 aber
außergewöhnlich windstill war, fehlte die Windkraft und es wurde unter
anderem Gas zur Stromerzeugung genutzt, das eigentlich in die Speicher
hätte geleitet werden müssen.
Drittens: Der Wunsch vieler europäischer Politiker, russisches Gas
durch vor allem amerikanisches Flüssiggas zu ersetzen, hat dazu
geführt, dass in Europa nun Gas fehlt. Der Grund: In Asien waren die
Gaspreise im letzten Sommer noch höher als in Europa und die fest
eingeplanten amerikanischen Tanker sind nach Asien gefahren, anstatt
nach Europa.
Viertens: Die Reform des Gasmarktes der letzten EU-Kommission hat den
Handel mit Gas an den Börsen freigegeben. Dadurch wurde Gas zu einem
Spekulationsobjekt. Während Gazprom sein Gas gemäß langfristiger
Verträge für 230 bis 300 Dollar nach Europa liefert, ist es für die
Importeure ein gutes Geschäft, das Gas an der Börse für 1.000 und mehr
Euro weiterzuverkaufen und diese Spekulationsgewinne in Höhe von
mehreren hundert Prozent in die eigene Tasche zu stecken.
Energiekrise
Wie die Ukraine, Polen und Lettland die Gasknappheit in der EU
verschärfen
Manche Entscheidungen, die EU-Staaten treffen, erinnern an
einen Kindergarten. Das wäre lustig, wenn sie damit nicht die ohnehin
gefährliche Gasknappheit in der EU künstlich verschärfen würden.
30. Juli 2022, 05:00 Uhr
Bekanntlich steckt die EU in einer selbst verursachten Gaskrise. Ich
habe schon über die fünf Pipelines berichtet, die Europa mit billigem
russischen Gas versorgen könnten, und dass zwei davon (Nord Stream 2
und Jamal-Europe) aufgrund von Entscheidungen der EU, beziehungsweise
Polens und Deutschlands, abgeschaltet sind. Weitere zwei Pipelines
(Turkish Stream und die ukrainische Pipeline) laufen mit verminderter
Kapazität, wobei die Gründe eine ukrainische Entscheidung und
Entscheidungen südosteuropäischer Staaten wie Bulgarien sind. Bei der
fünften Pipeline, Nord Stream 1, gibt es einen Streit um die Wartung
von Kompressorturbinen, weshalb die Pipeline derzeit nur ca. 20 Prozent
ihrer Kapazität liefert. Die Details über die Pipelines und die Gründe
für ihre geringe Auslastung finden Sie hier.
Aus diesem Grund herrscht in der EU die Gasknappheit, die derzeit die
Schlagzeilen beherrscht. Was deutsche „Qualitätsmedien“ dabei
verschweigen, ist, wie die Ukraine, Polen und Lettland die Gasknappheit
noch verschärfen.
Die Ukraine
Die Ukraine hat schon 2014 angefangen, offiziell „europäisches“ Gas,
anstatt Gas aus Russland, zu kaufen. Das war reine Augenwischerei, denn
dabei handelte es sich um einen sogenannten „virtuellen Revers“ – das
bedeutet, dass die Ukraine das Gas bei Zwischenhändlern in Ungarn und
der Slowakei gekauft hat. Die hatten jedoch kein europäisches Gas,
sondern haben russisches Gas bestellt und der Ukraine mit einem
Aufpreis von 100 Dollar pro tausend Kubikmeter in Rechnung gestellt.
Das Gas war auch nie in Europa, sondern wurde in der Ukraine aus der
Transitpipeline direkt in das ukrainische Netz eingespeist. Es war nur
auf dem Papier „europäisches“ Gas, weil es bei europäischen
Zwischenhändlern gekauft wurde.
Wie dieser Trick funktioniert hat und wer dabei den Aufpreis in seine
Tasche gesteckt hat, darüber habe ich schon im Sommer 2019 berichtet.
Damals war das alles noch eine böse Verschwörungstheorie, aber
mittlerweile wurde das sogar in der Ukraine selbst bestätigt.
Nun wurde in der Slowakei gemeldet, dass sich aufgrund der geringen
Lieferungen über Nord Stream 1 die Gasflüsse in der EU verändert haben,
sodass es nicht mehr genug Gas gibt, das die Ukraine über den
virtuellen Revers aus der Transitpipeline ziehen kann, zumal die
Ukraine den Durchfluss durch die Pipeline im Mai selbst verringert hat.
Daher ist die Ukraine nun zu einem echten Revers gezwungen und muss Gas
aus Europa über kleinere Pipelines ins Land pumpen. Die Ukraine
entzieht dem europäischen Markt damit Gas, anstatt es direkt in
Russland einzukaufen und die von der Ukraine selbst reduzierten
Kapazitäten seiner Transitpipeline dazu zu nutzen.
Damit aber nicht genug, denn am 26. Juli hat der ukrainische staatliche
Gasversorger Naftogaz, über den all diese Geschäfte laufen, technischen
Konkurs angemeldet, weil er nicht in der Lage ist, Schulden in Höhe von
1,5 Milliarden Euro zu bedienen. Daher hat Kiew von den USA gefordert,
dass die USA der Ukraine Flüssiggas zu den Bedingungen des
Lend-Lease-Gesetzes liefern sollen, nach dem die USA der Ukraine auch
Waffen liefern. Das bedeutet, die Ukraine will das Gas sofort bekommen
und irgendwann in der Zukunft bezahlen.
Das Problem ist jedoch, dass die Ukraine keine Terminals für die
Entladung von Flüssiggas besitzt, sie will also, dass US-Flüssiggas,
von dem nach der Explosion im größten Gasterminal der USA ohnehin schon
viel zu wenig nach Europa gelangt, aus Europa in die Ukraine gepumpt
wird. Das Gas würde in Europa fehlen, wobei die Ukraine es nicht einmal
bezahlen will, denn dass die ohnehin bankrotte Ukraine ihre Schulden
aus dem Lend-Lease-Gesetz irgendwann mal zurückzahlt, ist mehr als
unwahrscheinlich.
Polen
Polen hat seine langfristigen Lieferverträge mit Gazprom auslaufen
lassen und musste danach Gas aus Russland zum viel teureren Börsenpreis
kaufen. Das hat dazu geführt, dass die Jamal-Europa-Pipeline, die
eigentlich russisches Gas über Weißrussland und Polen bis nach
Deutschland bringen soll, seit Dezember 2021 praktisch kein Gas mehr
liefert. Polen hat danach seine Gasinfrastruktur, die Tochterfirmen von
Gazprom gehört, unter Sanktionen und damit unter polnische
Zwangsverwaltung gestellt, woraufhin Gazprom die Lieferungen über die
Pipeline ganz eingestellt hat.
Das ist aber nicht alles. Polen hat zwar ein Flüssiggas-Terminal
gebaut, weil Polen auf US-Flüssiggas gesetzt hat, aber davon kam im
Zuge der Gaskrise, die schon im Sommer 2021 begonnen hat, nicht genug
nach Polen, weil in Asien mehr Geld dafür bezahlt wurde. Um trotzdem
genug Gas zu haben, hat Polen angefangen, Gas von deutschen Importeuren
zu kaufen, die das russische Gas noch über langfristige Verträge und zu
einem um ein Vielfaches geringeren Preis von Gazprom beziehen.
Damit sind wir wieder beim Revers denn das russische Gas aus
Deutschland fließt seit Ende April dauerhaft in umgekehrter Richtung
durch die Jamal-Europa-Pipeline aus Deutschland nach Polen. Darüber
habe nicht nur ich berichtet, das konnte man auch in kurzen Artikeln
einiger „Qualitätsmedien“ erfahren. Für die deutschen Importeure ist
das ein gutes Geschäft, denn sie verkaufen das billige russische Gas
mit einem saftigen Aufpreis an Polen weiter, was aber dazu führt, das
es in Deutschland fehlt.
Der russische Präsident Putin hat schon im Dezember öffentlich gesagt,
die „Verbraucher in Deutschland sollten eine Erklärung fordern“ – aber
wie immer haben deutsche „Qualitätsmedien“ es nicht für nötig gehalten,
ihre deutschen Leser darüber zu informieren.
Damit entzieht Polen dem europäischen – konkret dem deutschen – Markt
Gas, anstatt zusätzliches Gas über die Jamal-Europa-Pipeline zu nach
Europa zu liefern.
Lettland
Auch Lettland, das noch aus Sowjetzeiten an das russische Gasnetz
angebunden ist, lehnt es ab, Gas direkt aus Russland zu beziehen. Das
erklärte der Chef des lettischen Gasversorgers Latvijas gāze und
begründete das damit, dass seine Firma nicht direkt mit Gazprom
abrechnen kann. Der Grund ist, dass das lettische Parlament sein
Energiegesetz so geändert hat, dass Gaslieferungen aus Russland nach
Lettland verboten sind.
Der Chef des lettischen Gasversorgers hat mitgeteilt, man kaufe auch
weiterhin russisches Gas, aber nicht mehr bei Gazprom, sondern bei
einem anderen Anbieter. Welcher Anbieter das ist, woher das russische
Gas bezogen wird und wie viel es kostet, hat er unter Verweis auf
Geschäftsgeheimnisse nicht beantwortet.
Man kann also nur raten, ob Lettland sein Gas nun auch vom europäischen
Markt abziehen wird, oder ob – wie schon beim virtuellen Revers der
Ukraine – eine ausländische Scheinfirma zwischengeschaltet wird, die
das russische Gas kauft und es wie bisher direkt aus Russland nach
Lettland pumpen lässt. In jedem Fall wird – wie schon beim ukrainischen
Revers – irgendeine Scheinfirma viel Geld damit verdienen, das
russische Gas „umzuetikettieren“.
Die Rechnung bezahlen Sie!
Man kann ja der Meinung sein, dass Russlands Vorgehen ganz böse ist,
und dass Russland dafür bestraft werden muss. Nur ist es unbestreitbar,
dass die EU und ihre Mitgliedsstaaten mit ihren Maßnahmen im Bereich
Gas- und Energieversorgung vor allem ihre eigenen Bürger und ihre
eigene Wirtschaft bestrafen. Der Mangel an Gas und die darauf
resultierenden Probleme sind nicht „Putins Schuld“ – sie sind eine
direkte Folge der EU-Sanktionen und von Entscheidungen europäischer
Politiker.
Nicht nur, dass diese Entscheidungen die Gasimporte aus Russland in die
EU künstlich verringern, zusätzlich treffen einzelne Staaten
Entscheidungen, die diese Situation sogar noch verschärfen. Und
Importeure von für Deutschland bestimmtem Gas liefern einen Teil davon
nach Polen, weil das mehr Profit bringt.
Da die deutschen „Qualitätsmedien“ über diese Hintergründe nicht
berichten und ihren Lesern die Zusammenhänge nicht erklären, können sie
– ohne einen Shitstorm zu ernten – sogar berichten, dass Gaskunden in
Deutschland ab Herbst eine Extra-Umlage zahlen müssen. Das wäre
vollkommen unnötig, wenn die Bundesregierung sich dafür einsetzen
würde, dass alle bestehenden russischen Pipelines auf Maximum gefahren
werden und dass Nord Stream 2 zugelassen wird.
Die deutsche Regierung kann ja der Meinung sein, in Zukunft auf
russisches Gas verzichten zu wollen, jedoch ist das derzeit
offensichtlich unmöglich. Aber der Bundesregierung sind ihre
ideologischen Ziele (Energiewende, anti-russische Politik, etc.)
wichtiger, als das Wohlergehen der deutschen Bevölkerung und sogar der
deutschen Wirtschaft.
Es hat in Deutschland noch nie zu etwas Gutem geführt, wenn die
Regierung blind einer Ideologie gefolgt ist und die Realitäten
ausgeblendet hat. Aber den Geschichtsunterricht scheinen die Mitglieder
der Bundesregierung geschlossen geschwänzt zu haben.
Und wenn Uschi von der Leyen von den EU-Staaten Solidarität in der
Gaskrise einfordert, dann verliert sie kein Wort über diese künstlichen
Verknappungen von Gas in der EU. Offenbar ist es auch dieser Dame
wichtiger, den Menschen in der EU zu schaden, als Russland zu schaden.
Die Gründe für die Energiekrise in Europa
Über die Gründe für die Energiekrise in Europa, die schon lange vor der
russischen Intervention in der Ukraine begonnen hat, habe ich oft
berichtet, aber der Vollständigkeit halber fasse ich die Gründe hier
noch einmal kurz zusammen.
Erstens: Der Winter 2020/2021 war kalt, weshalb viel Gas verbraucht
wurde. Pipelines und Tanker reichen nicht aus, um im Winter genug Gas
nach Europa zu bringen, weshalb die Gasspeicher normalerweise im Sommer
aufgefüllt werden. Das ist in 2021 ausgeblieben und während die
Gasspeicher normalerweise zu Beginn der Heizsaison zu fast 100 Prozent
gefüllt sind, waren es in dem Jahr nur knapp 75 Prozent.
Zweitens: Die Energiewende hat zu einem zu großen Anteil von
Windenergie am Strommix geführt. Da der Sommer 2021 aber
außergewöhnlich windstill war, fehlte die Windkraft und es wurde unter
anderem Gas zur Stromerzeugung genutzt, das eigentlich in die Speicher
hätte geleitet werden müssen.
Drittens: Der Wunsch vieler europäischer Politiker, russisches Gas
durch vor allem amerikanisches Flüssiggas zu ersetzen, hat dazu
geführt, dass in Europa nun Gas fehlt. Der Grund: In Asien waren die
Gaspreise im letzten Sommer noch höher als in Europa und die fest
eingeplanten amerikanischen Tanker sind nach Asien gefahren, anstatt
nach Europa.
Viertens: Die Reform des Gasmarktes der letzten EU-Kommission hat den
Handel mit Gas an den Börsen freigegeben. Dadurch wurde Gas zu einem
Spekulationsobjekt. Während Gazprom sein Gas gemäß langfristiger
Verträge für 230 bis 300 Dollar nach Europa liefert, ist es für die
Importeure ein gutes Geschäft, das Gas an der Börse für 1.000 und mehr
Euro weiterzuverkaufen und diese Spekulationsgewinne in Höhe von
mehreren hundert Prozent in die eigene Tasche zu stecken.