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Merkels toter See, und andere Maerchen deutscher Politiker
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Alex Expert
2018-05-16 18:50:32 UTC
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16.05.2018
Merkels toter See
Neben der Fake History, etwa in Gestalt der Saga, türkische Gast-
arbeiter hätten Deutschland nach dem Krieg wieder aufgebaut,
gibt es das vergleichsweise wirksamere Instrument der Gegen-
wartslegende. Sie biegen aktuelle Debatten so, dass sie in
einen bestimmten Deutungsrahmen passen. Ein schönes Beispiel
lieferte Katrin Göring-Eckardt mit der Behauptung, weltweite
Flüchtlingsströme hätten irgendetwas mit dem Sojaanbau für
den Fleischkonsum der Deutschen zu tun:

„Viele Fluchtbewegungen kommen deswegen zustande, weil wir so
leben, wie wir leben. Menschen fliehen auch, weil kein Wasser
da ist, weil es Dürren gibt, weil sie ihre eigenen Lebensmittel
nicht mehr anbauen können, weil sie das Soja für unsere Fleisch
produktion anbauen.“

In dieser Behauptung stecken zwei Topoi, die dem grünen Herzen
teuer sind: westliches Schuldgefühl, Agitation gegen Fleisch.
Und sie erweist sich schon nach dem kurzen Blick auf die Zahlen
als purer Nonsens. Die zehn größten Sojaanbauländer der Welt
heißen USA, Brasilien, Argentinien, China, Indien, Paraguay,
Kanada, Ukraine, Bolivien und Uruguay; aus keinem der Länder
strömen Flüchtlinge. Umgekehrt spielt weder in Syrien, Afgha-
nistan und den diversen Herkunftsländern der Migranten, die
nach Deutschland kommen, Sojaanbau irgendeine Rolle.

Auf dem Katholikentag in Münster versuchte sich Angela Merkel an
einem ähnlichen Biegen und Brechen des Faktischen: Sie dozierte
auf der Bühne über den Zusammenhang, der nach ihrer Meinung
zwischen der Austrocknung des Tschadsees und der Formierung
der islamistischen Terrororganisation Boko Haram besteht.

Im Wortlaut klang das so:

„Schaun Sie sich einfach mal, wenn Sie’s nicht schon gemacht
ham, vielleicht haben’s hier ja auch alle gemacht, die Karte
vom Tschadsee vor 40 Jahren an, vor 20 Jahren an, von heute an.
Da kommen Ihnen die Tränen. Da ist ein ganzer See nicht mehr da.
Da haben 100 Millionen Menschen gelebt. Und es hat sich die Welt
und niemand (…) richtig drum gekümmert. Und in der Situation ist
Boko Haram entstanden.“

Der Tschad-See liegt nicht in Nigeria...
Zunächst einmal erhellt eine kurze Geschichte von Boko Haram die
Lage. Die muslimische Terrororganisation entstand 2002 im Norden
Nigerias, also kurz nach dem Anschlag al-Quaidas auf das World
Trade Center. „Boko Haram“ bedeutet „Bücher sind verboten“,
freier übersetzt auch „westliche Bildung ist verboten“. Die be-
waffnete Truppe mit etwa 15.000 Mitgliedern ist Teil der islamis-
tischen Gewaltentwicklung seit 2001, die von al-Quaida über die
Al-Shahab-Milizen in Somalia und den IS bis zu der indonesischen
Terrororganisation Darul Islam reicht.

Das Hauptgeschäft von Boko Haram besteht in extrem gewalttätigen
Überfällen auf Dörfer, Mord an Christen wie an Muslimen, die sich
entgegenstellen, und der Massenentführung von Mädchen. Seit seiner
Gründung tötete Boko Haram Zehntausende und vertrieb etwa 2,3
Millionen Menschen. Ihr Hauptquartier wechselte seit 2002
einige Male, befand sich aber immer im Norden Nigerias.

Und nun zum Tschadsee: Er liegt nicht in Nigeria, sondern, wie
der Name schon sagt, im Nachbarland Tschad. Er grenzt nur an
eine nigerianische Provinz. Der ehemals sechstgrößte See der
Erde verlor seit den sechziger Jahren 90 Prozent seiner Wasser-
fläche, zum einen durch extreme Trockenheit, zum anderen durch
steigende Wasserentnahme aus dem Fluss, der ihn speist. Schon
1972 spaltete sich der See durch die Austrocknung in ein Nord-
und ein Südbecken. Dass der ganze See, wie Merkel meint, „nicht
mehr da“ ist, stimmt nicht.

Aber für das Land bedeutet die Schrumpfung des ehemals riesigen
Sees ein großes Problem. Trotzdem blieb das Land politisch halb-
wegs stabil. Obwohl es zu den sieben ärmsten Ländern der Welt
zählt und mit etwa 14 Millionen Einwohnern auch zu dem am dün-
nsten besiedelten, flohen in den vergangenen Jahren Hundert-
tausende aus den Nachbarländern vor Gewalt in den Tschad,
darunter 280.000 aus dem Sudan und etwa 20.000 von Boko
Haram vertriebene Nigerianer.
(...)
Dass Tausende vor Boko Haram in das Land des austrocknenden
Sees fliehen, dessen große Wasserverluste außerdem in den
siebziger Jahren stattfanden – das allein lässt schon von
Merkels Behauptung nicht übrig, der austrocknende See im
Nachbarland Nigerias sei irgendwie ursächlich für das
Entstehen der jihadistischen Terrorarmee im Jahr 2002.

Nun war Merkels Ausführung in Münster ein typischer
Merkelismus: Sie sprach nicht von einer direkten Ursache,
sondern konstruiert einen vagen, nicht näher erklärten
Zusammenhang: „in der Situation ist Boko Haram entstanden.“

Der Klimawandel, Lieblingsgroßthema der Bundeskanzlerin
Den eigentlichen Entstehungsgrund für Boko Haram und ähnlich
gelagerte Organisationen erwähnt sie gar nicht erst: den
aggressiven Islam, der seit dem Jahr 2000 vor allem dank der
Finanzierung aus Saudi-Arabien weltweit expandiert. Bei Merkel
besitzt der militante Islamismus den Status eines Naturereignisses:
Er ist nun mal da. In ihren Ausführungen auf dem Kirchentag kamen
die Begriffe Islam und islamistisch gar nicht vor. Dort, wo sich
wirtschaftliche und ökologische Miseren ausbreiten, setzt er
sich nach einem deterministischen Muster fest. Schuld an Boko
Haram ist also die Austrocknung des Tschadsees, auch, wenn der
im relativ stabilen Nachbarland liegt. Das Trockenfallen eines
Sees wiederum lässt sich dem Lieblingsgroßthema der Bundes-
kanzlerin zuschlagen, dem Klimawandel. Da sich das Klima immer
und überall wandelt, passt der Begriff also ebenfalls immer und
überall, auch, wenn es wie im Fall des Tschadsees sehr komplexe
Ursachen gibt. Ein Phänomen (islamistischer Terror) fügt sich
dann argumentativ in ein vorgeprägtes Muster, so, wie bei
Göring-Eckardt Massenmigration das grüne Schema bestätigt
(Fleisch essen ist schlecht).

Wie hängen nun gewalttätiger Islam in Nigeria und die wirt-
schaftliche Misere des Landes wirklich zusammen? Wer sich
die Daten ansieht, erkennt sehr schnell, dass nicht der
Wasserschwund eines Sees im Tschad etwas mit den Gewalt-
problemen Nigerias zu tun hat, sondern die demographische
Entwicklung. In Nigeria leben derzeit etwa 185 Millionen
Menschen; seit 1990 verdoppelte sich die Bevölkerung fast.
Gut die Hälfte der Nigerianer besteht aus Jugendlichen unter
15 Jahren. Die Bevölkerungsdichte des Landes beträgt 197,2
Einwohner pro Quadratkilometer – im Nachbarland Tschad
sind es 10 Einwohner pro Quadratkilometer. Demographen
gehen davon aus, dass Nigeria noch in diesem Jahrhundert
die USA in der Bevölkerungsgröße überholen wird (dort
leben derzeit 325 Millionen Menschen).

Um die Zahl der Jobs zumindest gleichauf mit einem solch
extremen Bevölkerungswachstum zu halten, bräuchte Nigeria
ein Wirtschaftswachstum, das mehr als doppelt so hoch aus-
fallen müsste wie das von China und Südkorea in deren besten
Zeiten. Nun ist der westafrikanische Staat allerdings kein
Industrieland, sondern eine zwar ölreiche, aber auch von
Korruption, Tribalismus und schlechter Bildung gepeinigte
Nation. Das bevölkerungsreichste Land Afrikas kann als
Musterbeispiel für den youth bulge dienen, den Überschuss
vor allem schlecht gebildeter junger Männer ohne Chance
auf wirtschaftlich aussichtsreiche Betätigung.
(...)
Warum entstehen dann aber keine christlichen Terrorarmeen in
Nigeria? Die christliche Community ist dort neben dem vorherr-
schenden Islam durchaus präsent (wie übrigens auch im Tschad).

Warum entsteht keine politische Bewegung, die es sich zum Ziel
setzt, Korruption und unfähige Eliten zu bekämpfen? Diese
Frage führt zu einer Antwort, weshalb Boko Haram Zulauf erhält.
Erstens bietet deren Ideologie ein sehr einfaches Gerüst, an
dem sich auch jeder junge Mann ohne Schulbildung festklammern
kann: Der Westen ist Sünde, der Islam ist die Lösung – aber nur
dann, wenn er als wortwörtliche Befolgung des Korans praktiziert
wird. Und zweitens machen islamische Terrorarmeen weltweit
jungen Männern das Angebot, Teil einer mächtigen Raub- und
Vergewaltigungstruppe zu werden, legitimiert durch eine
religiöse Ideologie, die sich auf dem Vormarsch befindet.
Auf ganz ähnliche Weise rekrutierte der Islamische Staat mus-
limische Desperados aus dutzenden Ländern. Dort, wo die normale
Ökonomie keine Grundlage findet, tritt die Gewaltökonomie an
ihren Platz.

Hätte Merkel auf dem Katholikentag darüber geredet, dann wäre
sie unweigerlich bei dem entscheidenden Punkt gelandet: Der
Überschuss junger hoch aggressiver muslimischer Männer bildet
einen perfekten Nährboden für islamistischen Terror. Und genau
dieses Ferment, genau diesen Nährboden importiert sie mit ihrer
Politik seit 2015 im großen Stil nach Deutschland. Der Zustrom
junger Männer reicht zwar längst nicht aus, um die youth bulge
in Afrika oder auch nur in Nigeria wenigstens zu mildern. Aber
er genügt für den zügigen Ausbau jihadistischer Strukturen,
wie sie schon in Frankreich, Belgien und Großbritannien
existieren. Wer sich mit Einblicken in diese Entwicklung
belasten will, dem sei Constantin Schreibers Buch „Inside
Islam. Was in deutschen Moscheen gepredigt wird” empfohlen.

Merkel beschreibt das Problem nicht nur falsch. Ihre Politik
ist ein erheblicher Teil des Problems.

Da kommen einem die Tränen.
Dieser Beitrag erscheint auch auf Alexander Wendts Magazin Publico
https://www.publicomag.com/2018/05/merkels-toter-see/
http://www.achgut.com/artikel/merkels_toter_see

Die Deutschen wählen nun mal gerne Märchenerzähler als Führer,
und solange die Märchen nicht wieder so furchtbar schrecklich
ausgehen wie Hitlers Märchen von der deutschen Herrenrasse,
können wir im Rest der Welt auch nichts dagegen haben.

Aber sie sollen nicht wieder so größenwahnsinnig werden und
verlangen, dass Alle die Märchen ihrer Führer glauben müssen.
fridolin
2018-05-16 19:15:50 UTC
Permalink
Post by Alex Expert
Die Deutschen wählen nun mal gerne Märchenerzähler als Führer,
und solange die Märchen nicht wieder so furchtbar schrecklich ausgehen
wie Hitlers Märchen von der deutschen Herrenrasse, können wir im Rest
der Welt auch nichts dagegen haben.
Lern Geschichte abseits der Alliierten Greulpropaganda, dann mußt Du auch
nicht so einen Schwachsinn schreiben!

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